Für Weitenänderungen bin ich bekannt. Obwohl ich mir immer große Mühe gebe, alle Varianten mit aufzuzählen, also weiter/enger machen sowie verlängern/kürzen, bin ich doch eher die Ansprechpartnerin für “weiter”. Kein Wunder, bei meiner Plus-Size-Figur. Etwas enger machen zu müssen, ist selten ein Problem bei mir – höchstens an der Taille, wenn ich mal wieder wenig Lust habe, “einen Sack” zu nähen und das Kleidungsstück nachträglich tailliere.
Aber grundsätzlich dreht sich bei mir alles um “weiter machen”. Und darum geht dann auch heute in der Episode Nr. 13 des Passt Podcast von crafteln. Falls du eine größere Größe trägst, dann ist diese Episode bestimmt besonders interessant für dich. Aber ich glaube da steckt auch viel Nützliches für dich drin, wenn du eine sogenannte “Normalgröße” trägst, denn auch in diesem Fall mußt du ein Schnittmuster bevor du es nähst, bezüglich seiner Weite kontrollieren und gegebenfalls in bestimmten Körperbereichen weiter oder enger machen. Denn wie du dich vielleicht erinnerst: Zur Größenwahl brauchst du nur ein Maß, selbst dann, wenn dein Körper in verschiedenen Bereichen eigentlich unterschiedliche Kleidergrößen zu haben scheint.
In diesem Blogpost bekommst du eine Zusammenfassung der Inhalte der Podcastepisode. Im Podcast selbst, erzähle ich noch etwas ausführlicher.
Über ein paar freundliche Worte oder/und ein paar Sternchen zur Bewertung des Podcasts bei itunes/apple-Podcasts würde ich mich sehr freuen!
Diese Episode ist eine von 15 Episoden meiner Einsteigerinnenserie zum Thema Schnittanpassung. Weitere Episoden findest du bereits hier im Blog unter folgenden Links:
- #1 Warum Schnittanpassung mein Herzensthema ist
- #2 Warum ich vorziehe Schnittmuster anzupassen, statt am Nähwerk nachträglich zu frickeln
- #3 Schnittkonstruktion versus Schnittanpassung
- #4 Maße sind nur Zahlen, um gut passende Kleidung zu nähen
- #5 Eine Anleitung zum Messen der senkrechten und waagerechten Maße
- #6 Wo ist die Taille?
- #7 Schnittmuster kontrollieren
- #8 Von Abnähern und Zugaben
- #9 Das Geheimnis der perfekten Passform
- #10 Von Wunschkundinnen und Maßtabellen
- #11 Größenwahl
- #12 Längenänderungen
In meinem Podcast, “Passt, der Podcast von crafteln” bin ich mit einer 15-teiligen Einsteigerinnen-Serie gestartet. Es sind 15 Folgen vollgepackt mit meinem Wissen, Tipps und Perspektiven – die dir helfen sollen, den Einstieg in die Schnittanpassung zu erleichtern. Es ist ein richtiger “Audio-Kurs” geworden, mit Lernlektionen á jeweils 30-50 Min. Länge. Klicke auf die jeweilige Folge um zum Artikel mit der Podcast-Episode zu gelangen.
Und jetzt gehts los mit Episode #13!
Als ich letzte Woche von den Längenänderungen sprach begann ich mit der steilen These, dass Schnittmuster anpassen eigentlich nichts anderes ist, als das Schnittmuster einzuschneiden und wahlweise auseinanderzuziehen bzw. zusammen zu schieben. Bei dieser These bleibe ich auch heute 🙂 Die Frage ist nur, wo und wie.
Schnittanpassung ist einfach
Wenn du die letzten Folgen des Podcasts aufmerksam gehört hast, dann müsste diese Frage doch eigentlich ganz leicht zu beantworten sein. Zumindest das “wo” müsstest du mit dem, was ich dir erzählt habe und etwas gesundem Menschenverstand heraus bekommen. Oder? Falls nicht, vergegenwärtige dir noch mal Folgendes. Um ein Schnittmuster zu einem Maßschnittmuster zu machen mußt du
- die Größe auswählen, bei der du möglichst wenig anpassen mußt
- das Schnittmuster kontrollieren, in dem du eine relevanten Stellen im Schnittmuster einzeichnest und das Schnittmuster genauso wie deinen Körper vermisst.
- Das Schnittmuster überall dort ändern, wo es nicht stimmt.
Klingt einfach. Ist es im Prinzip auch. Wenn du dir trotzdem unsicher bist, ob du es hinbekommst, dann könnte ich dir auch in einem Kurs oder einer Einzelberatung die sprichwörtliche Hand dabei halten. Das geht auch über das Internet! Informationen zu meinen Angeboten findest du auf akademie.craftlen.de oder du fragst mich einfach.
Aber jetzt zu den Weitenänderungen
Zwei mögliche Gründe für Weitenänderungen
Ich beginne mal mit der Frage: warum brauchst du mehr (oder weniger) Weite? Dazu habe ich zwei Antworten:
1. weil das Schnittmuster an einem bestimmten Körperbereich nicht weit genug für dich ist (oder im umkehrten Fall “zu weit für dich ist”. Oder aber
2. weil es das Schnittmuster gar nicht bis zu deiner Größe gibt.
Hier ist es zu eng oder dort ist es zu weit
Im ersten Fall hast du eine Größe ausgewählt, bei der du zwar möglichst wenig Änderungen machen mußt, aber bei der es vermutlich auch nicht ausbleibt, dass Änderungen gemacht werden müssen. Wie ich in Episode 11 schon erzählte, ist es ganz normal, dass die meisten Frauen das Gefühl haben, dass sie “oben und unten verschiedene Größen tragen”. Es ist einfach ein großer Zufall, wenn wir einfach so “in die Maßtabelle passen”, also wenn die Maße in allen relevanten Körperbereichen mit unseren Körpermaßen übereinstimmen. Es ist kein Weltuntergang, wenn du, um ein Beispiel zu nennen, an der Brust eine 40 trägst, in der Taille eine 44 und an der Hüfte eine 46. So lange, wie du weißt, wie du die Größe auswählst und so lange dir klar ist, dass du Schnittmuster kontrollieren und anpassen mußt.
Wenn du die relevanten Stellen deines Körpers beginnend mit Brust, Taille und Hüfte im Schnittmuster angezeichnet hast, dann kannst du genau dort kontrollieren, ob die Weite für dich ok ist. Mit “beginnend” meinte ich, dass es noch weitere Hügel und Täler deines Körpers geben könnte, die der besonderen Betrachtung wert wären. Deswegen ist es so wichtig, den eigenen Körper gut zu kennen, ihn genau zu betrachten und in anschließend an allen diesen relevanten Stellen zu vermessen.
Das Schnittmuster gibt es nicht in meiner Größe
Plus-Size-Frauen haben meist noch zusätzlich zu dem “Unterschiedlichen-Größen-Problem” eine weitere Herausforderung: oftmals gibt es das Schnittmuster, das sie nähen wollen, gar nicht in ihrer Größe.
Dieses Problem kenne ich nur zu gut. Wie viele andere Plus-Size-Frauen möchte ich keine Kleidungsstücke tragen, auf denen schon von Weitem “Große Größe” draufsteht. Ich möchte genau das gleiche tragen wie meine Freundinnen. Natürlich bin auch ich geprägt von Mode und Trends und ich wünschte schon zu Zeiten, in denen ich meine Kleidung noch kaufte, dass ich das in genau den gleichen Geschäften machen kann, wie meine Freundinnen. Als ich zu Nähen begann hoffte ich, dieses Problem ein für alle Mal los zu sein, wurde aber schnell eines Besseren belehrt, denn auch Schnittmuster gibt es nicht immer, bis zu meiner Größe.
Das war der Grund, warum ich Schnittkonstruktion und Schnittanpassung lernte. Es musste doch irgendwie möglich sein, passende Kleidung für mich zu nähen, die im Grunde genauso aussieht, wie die meiner Freundinnen!
Schnittmuster anpassen ist nicht das gleiche wie “auf eine größere Größe gradieren”
Wenn du bis hierhin genau zugehört hast, dann ist dir nun schon sonnenklar, warum es nicht das Gleiche ist, ein Schnittmuster anzupassen, als es “auf eine andere Größe zu gradieren”. Toll, wenn du das Fachwort kennst. Gradieren bedeutet, dass diejenige, die das Schnittmuster herstellst, diesen nach der Überarbeitung mit Hilfe der Maßtabelle in verschiedenen Größen ausarbeitet. Du brauchst das Wort gar nicht für das, was du machst, denn du willst das Schnittmuster nicht irgendwie größer machen. Du willst es für dich passend machen.
Wenn es das Schnittmuster nicht bis zu deiner Größe gibt, dann nimmst du die Größe, die der deinen am nächsten ist. Für Plus-Size-Frauen ist das die größte Größe, bei sehr kleinen, schmalen Frauen ist das die kleinste Größe. Das ist dein Ausgangpunkt. Aber das ist gar nicht schlimm, denn die Größenwahl führt uns ja immer nur zum Ausgangspunkt: Wir wählen die Größe aus, bei der wir möglichst wenig Anpassungen machen müssen. Dieses Schnittmuster kontrollierst es an allen relevanten Körperbereichen und passt es gegebenenfalls an.
Größenwahl für Oberteile nach dem Brustumfang
In Folge 11, in der es um die Größenwahl ging, habe ich dir bereits erzählt, dass ein Oberteilschnittmuster nach dem Brustumfang ausgewählt wird – es sei denn, du hast eine Körbchengröße größer als C, dann nimmst du den Oberbrustumfang und passt das Schnittmuster anschließend mit einer FBA an.
Vielleicht trägst du eine große Größe und hast eine große Brust, weißt aber noch nicht, wie eine FBA geht. Vielleicht hast du auch “Glück”, dass es das Schnittmuster bis zu deinem Brustumfang gibt: Dann nähst du vermutlich ein Kleidungsstück, das über die Brust passt, aber vermutlich zu weit im Schulter-, Rücken- und Ausschnittsbereich ist. Die Lösung wäre die Größe nach dem Oberbrustumfang auszuwählen und das Schnittmuster mit einer FBA anzupassen. Denn eine FBA gibt dem Schnittmuster Weite, wo du Weite brauchst – an der Brust.
Vielleicht ist es aber auch so, dass es das Schnittmuster gar nicht bis zu deinem Brustumfang gibt. Aber hast du schon mal geschaut, ob es das Schnittmuster vielleicht bis zu deinem Oberbrustumfang gibt? Dann könntest du diese Größe auswählen und dem Vorderteil mit Hilfe einer FBA Weite und Länge einfüge, so dass dir das Kleidungstück gut passt, weil du genau dort, wo du es brauchst, Länge und Weite eingefügt hast.
Dein großer Vorteil, wenn du weißt, wie du eine FBA machst, ist: du kannst dieses Wissen auch für andere Hügel deines Körpers nutzen. Denn wer eine große Brust hat, hat zum Beispiel auch manchmal ein Bäuchlein.
Das Bäuchlein
Hast du in der Körpermitte weiches Gewebe für schlechte Zeiten angesammelt, dann wirst du auch in diesem Bereich Schnittmuster anpassen müssen, denn: Oberteile werden nach dem Brustumfang/Oberbrustumfang ausgewählt und Unterteile nach dem Hüftumfang. Es geht niemals um den Taillenumfang!
Die gute Nachricht ist. Rund um die Taille können wir recht leicht anpassen. Es ist gar nicht schlimm, Schnittmuster aufgrund des Brustumfangs oder des Hüftumfangs auszuwählen.
Ich halte diese Anpassungen im Taillenbereich für extrem wichtig, weil das so eine extrem sensibler Körperbereich ist, der so vielen Frauen (unnütze) Sorgen bereitet. Viele Frauen schämen sich für ihr Bäuchlein oder ihren Bauch. Das ist wirklich unnötig. Wenn ich mir Frauen ab einem gewissen Alter anschaue, dann haben alle einen Bauch. Zugegeben, manche mehr, manche weniger. Aber wir sehen alle nicht mehr aus wie junge Mädchen. Umso wichtiger finde ich es, dem Taillenbereich beim Anpassen von Schnittmustern ordentlich Beachtung zu schenken, um für uns Kleidung zu nähen, in der wir uns wohlfühlen. Das Verrückte ist: in diesem Bereich ist es nur ein sehr schmaler Grat zwischen “Kaschieren” und “Sack”. Das erste Bedürfnis kann ich verstehen, die zweite Kleidungsvariante lehne ich ab, weil diese bei runden Frauen dafür sorgt, dass quasi mit einem Pfeil auf die ungeliebten Stellen hingewiesen wird. Nur weil es irgendwie passt, ist es noch lange nicht vorteilhaft.
Weitenanapassungen im Bauchbereich / Taillenbereich
Es bleibt bei den meisten meiner Kundinnen nicht aus, den Taillenbereich, den Bereich für Bauch und Po sorgsam auszumessen und zu überlegen wo genau Platz im Schnittmuster vorgesehen werden muß, damit das Kleidungsstück gut passt. Wie immer markierst du diese Hügel deines Körpers mit Hilfe der senkrechten Maße und kontrollierst, ob genügend oder zuviel Weite im Schnittmuster vorgesehen ist.
Weite zugeben oder wegnehmen kannst du an jeder senkrechten Naht. Aber du solltest Weite zugeben oder Wegnehmen dort wo du es brauchst und nicht irgendwo! Natürlich ist es die einfachste Variante ein Kleidungsstück an den Seitennähten weiter oder enger zu machen. Aber ich trage meine Brüste nicht unter den Achseln und habe den Bauch eher vorne rund um die vordere Mitte. Genau dort muß ich die Weite anpassen, wenn ich ein Kleidungsstück haben will, dass meine Figur sanft umschmeichelt. Schade, wenn dort keine senkrechte Naht ist.
Das ist der Grund, wieso viele Frauen Schnittmuster mit Teilungsnähte so lieben. Es ist so einfach, diese auf die eigene Körperform anzupassen, weil sie eben senkrechte Nähte haben, die an den Bereichen verlaufen, an denen Weite zugegeben oder weggenommen werden könnte.
Das ist auch der Grund, wieso ich Abnäher liebe, denn Abnäher machen nichts anderes, als ein zweidimensionales Stück Stoff so in Form zu bringen, dass es um einen runden Körperbereich passt. Mit Abnähern kann ich genau wie mit Teilungsnähten ein Kleidungsstück modellieren. Ja und genau für die Weitenanpassungen im Taillenbereich, sind Taillenabnäher so nützlich. Selbst dann, wenn du in diesem Bereich nur Millimeter zugibst oder wegnimmst, ist es doch vorteilhafter, als dies an den Seitennähte zu tun. Denn du formst das Kleidungsstück genau dort, wo der Hügel ist.
Weitenanpassungen im Unterteil
Weitenanpassungen im Unterteil funktionieren ganz genauso wie im Oberteil. Körperbereiche im Schnittmuster markieren und Weite ausmessen. Ich glaube, ich wiederhole mich. Studiere deinen Körper genau, überlege wo du Weite brauchst. Erfinde zusätzliche Maße, wenn du mehr Hügel hast, als in der Maßtabelle vorgesehen. Miss eine Bauchtiefe und einen Bauchumfang und wenn du magst, auch an zwei Stellen. Es geht nicht darum, welche Maße in der Maßtabelle stehen, sondern welche relevanten Stellen dein Körper hat, die es im Kleidungsstück zu berücksichtigen gilt.
Der “Hüftumfang”, der als breiteste Stelle des Unterkörpers definiert ist, beschreibt einen Unterkörper in meinen Augen nur sehr unzulänglich. Da gibt es eine Menge zu messen, je nachdem, was für ein Kleidungsstück du nähen willst. Denke an den Bauch, den Po, die Oberschenkel…. Mit etwas Übung findest du selbst heraus, was für deinen Körper die essentiellen Maße sind, die deine Hügel beschreiben.
Denk an die Zugaben
Weitenanpassungen sind im Prinzip nicht schwer. Du kannst an allen senkrechten Nähten (oder auch an Abnähern) die Weite anpassen. Deswegen bevorzuge Schnittmuster mit formgebenden Designdetails, wenn du ein Kleidungstück nähen möchtest, das den Linien deines Körpers folgt, eine schöne Silhouette bilden und deinen Körper sanft umschmeicheln soll. Du darfst nur eines nicht vergessen: die Zugaben! Da du keine zweite Haut sondern ein Kleidungsstück nähen möchtest, muß dein Kleidungsstück weiter sein, als das Körpermaß. Vergiss das nicht, beim Kontrollieren des Schnittmuster.
Die gute Nachricht ist: Weite wegnehmen geht anschließend auch an allen senkrechten Nähten. Das heißt: mache dir nicht allzu viel Sorgen um die Zugaben, sondern sei ruhig etwas großzügiger. Hauptsache, es wird nicht zu eng! Du kannst im Nachhinein immer noch Weite wegnehmen, um das Kleidungsstück zu modelliernen. Das ist auch deswegen ratsam, weil du mit Schnittanpassungen sowieso niemals auf Anhieb am Ziel sein wirst. Du brauchst immer noch ein Finetuning am fast fertigen Kleidungsstück, weil jeder Stoff sich anders verhält.
Wie du die Weite en Detail anpasst, das kannst du in verschiedenen Schritt-für-Schritt-Anleitungen, zum Beispiel in meinem Buch “Passt perfekt” nachlesen. Schritt-für-Schritt-Anleitungen bringen dich aber nur dann ans Ziel, wenn du das große Ganze verstehst – deswegen meine ausführlichen Erläuterungen drumherum. Wenn du gerne lernen möchtest, wie Schnittmuster für meine Figur anpasst, dann buche meinen FBA-Workshop, der am 9. und 10. März 2019 stattfindet. Hier kommst du zu Information und Anmeldung *klick*.
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