Eine kleine Frage und es steckt doch so viel drin. Habt ihr eure Haare schneiden lassen seit dem es wieder geht, oder habt ihr es vor?
Mich beschäftigt diese Frage seit Wochen. Will ich zum Frisör gehen oder es bleiben lassen? Jeden Tag schaue ich mir die rausgewachsenen Strähnchen an und frage mich, wie ich wohl mit meiner natürlichen Haarfarbe durchzogen von grauen Haaren aussehen könnte? Vor zwei Jahren ließ ich mich beim Frisör bequatschen, alles blond zu färben, vor einem Jahr begann ich damit, mit Strähnen einen sanften Übergang zu schaffen. Tja und jetzt habe ich ungefähr 4 verschiedene Haarfarben auf meinem strubbeligem Kopf, dessen Haare seit 6 Monaten nicht mehr geschnitten wurden.
Es ist mein Job, mich zu zeigen
Mein Geschäft lebt davon, dass ich zu sehen bin. Normalerweise mache ich regelmäßig Facebookvideos und fotografiere mich. Ich mache das nicht supergerne, aber es gehört einfach dazu. Glücklicherweise bin dafür nicht allzu eitel. Ich finde es super, hin und wieder ein Fotoshooting zu haben, bei dem jemand für Haare und Make-up zuständig ist – aber es stört mich meistens nicht, in einem Live-Video auch mal weniger perfekt auszusehen. “Ich bin nicht perfekt” ist eine Aussage, die mir in meinen Inhalten wichtig ist. Ein Unternehmen mit Haltung zu führen, aber auch.
Schicke Frisur obwohl kein Kontakt besser wäre?
In diesen Zeiten, in denen die Kontaktbeschränkungen durch Corona weiter bestehen, aber der Wirtschaft zu Liebe in den verschiedensten Lebensbereichen Lockerungen erlaubt wurden, müssen wir alle Haltung beweisen. Wir müssen überlegen, wo wir stehen und was wir glauben.
Ich glaube daran, dass “flatten the curve” eine sinnvolle Strategie ist und bin seit 8 Wochen ohne Kontakt zu Familie und Freundinnen (außer über das Internet). Ich habe meinem Kind erlaubt, mit Vernunft draußen Tischtennis zu spielen, seitdem die Spielplätze wieder geöffnet sind, denn ohne andere Kinder ging es nicht gut. Ich fahre alle paar Tage mal ins Büro, um alleine dort konzentrierter zu arbeiten, als im Homeoffice. Aber ich gehe nicht zum Frisör.
Ist das Risiko die unsichere Informationsbasis oder das Virus?
Wir alle treffen andauernd Entscheidungen, mal mehr, mal weniger bewußt. Zur Zeit müssen wir ganz neue Entscheidungen treffen und das auch noch auf unsicherer Informationsbasis und mit hohem Risiko. Wir positionieren uns, mehr oder weniger deutlich mit unserem Verhalten – leider ist das Verhalten derjenigen, die wie ich glauben, dass es sinnvoll ist, die Kontaktbeschränkungen auch weiter konsequent einzuhalten, unsichtbar, weil wir eben zuhause sind.
Nur, weil bestimmte Dinge erlaubt sind, müssen wir sie nicht tun! Wir können uns dafür entscheiden, vernünftig zu sein, auch wenn es manchmal schmerzt.
Auch mal unsichtbar sein dürfen
Es ist mein Job, mich zu zeigen. In den letzten Wochen tat ich das wenig. Die Corona-Krise verunsicherte und lähmte mich. Ich hatte wenig Lust, vor der Kamera gute Laune zu verbreiten und nicht genügend Energie, um etwas zu verkaufen. Die Haare waren da erst einmal zweitrangig. Doch je länger und wilder sie wuchsen, umso mehr begann ich mich zu fragen, ob ich überhaupt in die Sichtbarkeit zurück möchte.
Der Podcast ging, deswegen versuchte ich wenigstens damit Kontinuität zu bieten. Seit dem ich letze Woche das erste Mal wieder im Büro war, sprudeln auch endlich wieder meine Energien. Ich bereite eine tolle Aktion für die Sommerwochen vor – das ist aber noch nicht spruchreif. Meine Mitarbeiterin und ich arbeiten im Verborgenen daran.
Ein Strubbelkopf ist keine schlechte Frisur, sondern ein Ausdruck von Haltung
Nach meinem Verständnis als Unternehmerin ist es wichtig, ein Unternehmen mit Haltung zu führen. Deswegen schreibe ich diesen Beitrag, der vordergründig so wenig mit Schnittmustern und dem Nähen von Bekleidung zu tun hat. Aber egal, was ich tue, ob ich Schnittmuster produziere oder Onlinekuse: das, was ich mache, versuche ich mit Werten zu füllen, deswegen gehört dieses Thema doch irgendwie hierhin.
Meinen Strubbelkopf werde ich in den nächsten Wochen mit Würde tragen und mich auch mal wieder zeigen. Ich bin nicht perfekt, ich muß nicht immer schön sein und ich möchte nicht so streng mit mir und meinem Aussehen sein. Ein Stubbelkopf ist eine Haltung, ich gehe nicht zum Frisör, weil ich es sinnvoll finde, so wenig Menschen wie möglich zu treffen, bis es eine Lösung für Covid-19 gibt. Aber glücklicherweise gibt es das Internet. Wir sehen uns!
Ein mutmachender Text. Auch ich und meine Familie halten uns so gut es geht zurück. Das Homeoffice habe ich jetzt wieder gegen Präsenzarbeit getauscht und das älteste Kind hat wieder Unterricht. Aber ansonsten verzichten wir weiterhin auf Ikea-, Friseur- oder Cafebesuche, weil wir denken, dass das Richtige ist. Jetzt fühle ich mich damit nicht mehr so allein.
Hallo Iris,
das ist schön! Wahrscheinlich geht es genau darum, uns zu versichern, dass wir nicht alleine sind, um durchzuhalten.
Viele Grüße
Meike
Tja, ich habe neben Masken auch Haarbänder genäht und sehe jetzt aus wie ein Pirat. Mal sehen, ob Anfang Juni Friseur drin ist…
Liebe Grüße
Ilka
Hallo Ilka,
ja, als ich mir letzte Woche ein schnelles Kleid nähte, habe ich auch gleich die passende Maske UND das passende Haarband dazu genäht. Wenn es richtig warm wird, dann wird das gut damit.
Viele Grüße
Meike
Hallo,
Danke dass man in diesen Zeiten auch von Menschen liest, die nicht dem reinen Wahnsinn und Egoismus verfallen sind.
Wir halten uns auch sehr bedeckt. Wir haben jetzt, auch auf betteln der Großeltern, den Kontakt zu unseren Familien aufgesucht und das einzigste Kind mit dem unsere spielen dürfen ist das Nachbarskind.
Mein Mann bleibt erstmal bis aufs weitere im Homeoffice, schon aus dem Grund da ich im Krankenhaus arbeite und ja dann an meinen Arbeitstagen die Kinder versorgt werden müssen. Bei ihm in der Firma haben die Chefs auch bisher noch kein grünes lich für den normalen Büroalltag gegeben.
So schlimm und blöd das alles ist ziehen wir doch auch positives aus dieser Zeit.
Es ist geschenkte Familienzeit, die uns niemand mehr nehmen kann. So stark und intensiv im Alltag zusammen zu wachsen, als Familie und doch Individuum zu bleiben ist für alle eine Herausforderung.
Wir werden das beste aus der anstrengenden Zeit machen und hoffen dass keine zweite Welle kommt und die Leute wieder normal im Kopp werden, von ihren egotrips und ihren Wahnwellen runter kommen und uns so um so schneller ein normales Leben möglich machen.
Ich möchte grade einfach nur meine Freunde in den Arm nehmen und festhalten, Tu’s aber nicht, ja es fällt auch mir schwer.
Hallo Kathi,
vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Ja, das mit der geschenkten Familienzeit sehe ich auch so. Oder anders formuliert: ich freue mich, dass wir uns nur so wenig auf den Geist gehen, denn schließlich sind wir das ständige Aufeinanderhocken nicht gewöhnt. Ich habe also die richtige Partnerwahl getroffen.
Die Umarmungen und so werden wieder kommen. Vorher müssen wir eben noch ein bisschen durchhalten. Aber zusammen schaffen wir das!
Viele Grüße
Meike
Ein wohltuender und starker Text. Da fühlt man sich schon gar nicht mehr so allein. Danke dafür!
Hall Kati,
das freut mich sehr! Vielen Dank für deine Rückmeldung
und viele Grüße
Meike
Liebe Meike,
mein graues Haar wurde nach einem Friseurwechsel, vor 2 Jahren, von einer Friseurin, die nicht mit dauerndem Färben – Massen an mir verdienen wollte, nicht mehr gefärbt ( weil sie meinte, dass ich ein wunderschönes grau mein Eigen nennen würde).
Nun sind wir alle seit Wochen ohne unnöttige Kontakte zur Außenwelt.
Mein Mann in Homeiffice, meine Teenietöchter in Homescooling – nur ich arbeite 2 Tage die Woche, fahre mit dem Fahrrad anstelle Öffis hin und habe ein Büro ganz alleine = kein Risiko, da ich einen Herzfehler habe ist meine Familie sehr strikt….wir schütteln die Köpfe über “Idioten” denen Andere egal sind und die auf schnelle Lockerungen drängen.
Wundern uns über Politiker die offensichtlich schnelle Öffnungen, nur wegen dem Streben nach höheren Ämtern wollen…..
Ich habe schon im Januar Masken genäht, da dachten noch alle, dass ich Spinne ….ne…Infektionsepedemiologie ist seit 30 Jahren mein “Steckenpferd” und ich habe es kommen sehen!!
Mein grauer Pixi-Cut, mit Naturlocken, hätte nicht wirklich einen Schnitt gebraucht! Aber gerade die Friseurin, die mich bisher nicht “Ausgenommen” und hervorragend beraten hat…..die braucht leider Kunden um als Geschäft zu überleben – Online geht da leider nicht!
Also habe ich mir die Haare schneiden lassen! Nicht aus Eitelkeit ( Naturlocken- sind fast immer schön!) – aber ich wollte meine Friseurin unterstützen – jetzt!
Wenn alle nur Gutscheine kaufen, wird sie später ohne Verdienst arbeiten müssen! Denn dann arbeitet sie für bereits “Vorgestrecktes/geliehenes” Geld. Nützt also leider nichts!!
Meine Friseurin hat nur noch max. 3 anstelle 8 Kunden im Laden. Alle tragen Masken und sowohl beim kommen als auch beim gehen muß man die Hände desinfizieren!
Ehrlich gesagt, fand ich aus Infektionsepefemiologischer Sicht das ganze unproblematisch!
Im Gegensatz zu den 5 Spielplätzen an denen ich auf dem Hinweg vorbeigeradelt bin!
DAS macht mir echte Sorgen!
Anti Corona Maßnahmen Demos, ohne Abstände….auch DAS macht mir Riesen Sorgen!
Der Friseurbesuch aus o.g. Gründen nicht
Hallo Coco,
wahrscheinlich hast du Recht mit dem Riskio des Friseurbesuchs im Vergleich zu Anderem. Ich finde nur einen strubbeligen Kopf tatsächlich auch ein starkes Zeichen. Es ist ein deutliches Zeichen für Vernunft, genauso wie mein Text, der ja erfreulicherweise tolle Reaktionen hervorruft. Es hilft, sich nicht so alleine zu fühlen. Aber es hilft natürlich, Locken zu haben, denn wie du schreibst, sind diese rausgewachsen sicherlich unproblematischer, als ein Kurzhaarschnitt mit glattem Haar. Trotzdem, ich sehe das mit der Frisur symbolisch. Es ist nicht notwendig, dass wir alle auf das Haareschneiden verzichten, denn das würde ja in der Tat den Frisör*innen extrem schaden. Aber vielleicht kann ja jedeR bei den ganzen Entscheidungen, die wir dauernd treffen müssen, für sich herausfinden, wo sie oder er zum Wohle der Gesellschaft in diesen schwierigen Zeiten verzichten kann.
Viele Grüße
Meike
Liebe Meike,
das ist sehr sehr Richtig.
Wir gehen überhaupt nicht zum “Shoppen”, auch unsere Teenagermädels nicht.
Wir sind sehr “Isoliert”, aber gerade dieses fast 24/7 zusammensein, hat uns als Familie uns neu Entdecken lassen.
Jeden Tag sind wir Mind. 1 Std. gemeinsam im Wald spazieren. Zusätzlich wurden alte Brettspiele wieder rausgeholt und wir hatten insgesamt, viel exklusive und entschleunigte Familienzeit…..eigentlich ein unerwartetes Geschenk!
Und mein Blutdruck ist ohne Tabletten seit Jahren, das Erste Mal im Normalbereich….ohne den dauernden Maximalstress gehts uns am Ende doch besser.
Herzliche Grüße
Coco
Ich bin so froh, dass die Pandemie vorbei ist und man sich keine Gedanken mehr darüber machen muss. Meine Haare müssen nämlich auch dringend geschnitten werden. Aus diesem Grund werde ich mir demnächst einmal einen Frisörtermin organisieren.