– oder: von Passformproblemen statt von Figurproblemen

Das Normale gibt es nicht, deswegen ist die Idee von einer Norm-Figur genauso bescheuert wie die Vorstellung, einen Körper formen zu können. Warum wir eigentlich alle Inbetweenis sind, erzähle ich in der aktuellen Podcastepisode. 

Über ein paar freundliche Worte oder/und ein paar Sternchen zur Bewertung des Podcasts bei itunes/apple-Podcasts würde ich mich sehr freuen! 

Alle Informationen zum Passt-Podcast sowie Links zu allen Episoden findest du hier: *klick*


 

Darum geht es in Episode #76 :

In diesem Blogpost schreibe ich eine Kurzfassung, also ein bisschen ausformulierte Stichworte. Im Podcast erzähle ich ausführlicher. 

In der Podcastepsiode letzte Woche habe ich euch erzählt, dass es meine Hypothese ist, dass Inbetweenies deswegen so schwer passende Kleidung finden, weil sie eben nicht überall dick sind, sondern nur in bestimmten Körperbereichen. Von den dazugehörigen Lösungsmöglichkeiten, die die Schnittanpassung bietet, habe ich euch auch berichtet. 

Passformprobleme statt Figurprobleme

Wie ich schon in den vergangenen Episoden erzählte, mache ich die typischen Passformprobleme der Inbetweenies nicht an Kleidergrößen, sondern an echten Körpern und deren Veränderungen im Laufe des Lebens fest. Dabei spreche ich bewußt von Passformproblemen und nicht von Figurproblemen. “Figurproblem” ist ein Ausdruck, der uns beigebracht wurde. Frauenzeitschriften sprechen von Figurproblemen und suggerieren uns, dass wir etwas dafür tun können und sollten unseren Körper so zu manipulieren, dass er in die vorgefertigte Kleidung und in die herrschenden Schönheitsideale passt. Aber das halte ich für etwas verquer, denn das eigentliche Problem ist die Kaufkleidung. Nicht wir sind falsch, sondern dass, was wir angeboten bekommen! Deswegen spreche ich von Passformproblemen – diese können wir recht einfach lösen, in dem wir Schnittmuster anpassen. So einfach ist das. 

 

Konzentration auf den Körper

Der Körper verändert sich in Phasen des Übergangs. Eine Schwangerschaft ist – wenn alles gut geht – der Übergang zu einem Leben mit Kind. Die Wechseljahre beenden die Möglichkeit für die Frau Mutter zu werden. Viele Frauen  brauchen etwas Zeit oder haben Schwierigkeiten, sich in die neuen Rollen hineinzufinden und die Veränderungen zu akzeptieren. Es ist ganz normal, dass bei aller möglichen Freude über ein neues Leben auch das betrauert wird, was verloren ging. 

Mich ärgert es, dass in unserer Gesellschaft diese Veränderungen damit quasi übergangen werden, in dem uns vermittelt wird, dass wir etwas dagegen tun können. Als könnte Sport und Diät wirklich die Folgen einer Schwangerschaft komplett beseitigen und als wäre unser Hormonhaushalt genau wie früher, nur weil wir seit den Wechseljahren morgens joggen.  Natürlich verändert regelmäßige Bewegung unseren Körper und das was wir essen, spielt eine Rolle. Was mich stört ist dieses mechanistische Weltbild, bei dem davon ausgegangen ist, dass alles nach den eigenen Vorstellungen gestaltbar sein soll. Das Problem daran ist: sobald es nicht funktioniert, fühlt sich der Mensch schuldig. Schließlich kann es doch nur an einer selbst liegen, wenn an allen Orten davon geredet wird, dass es machbar ist. 

 

Selbstoptimierung statt aktiver Lebensgestaltung

Diese Selbstoptimierung und der damit verbundene Versuch, alles wieder zum Alten zurück zu verwandeln, führt dazu, dass es noch viel länger dauert, das zu akzeptieren, was ist und wir davon abgehalten werden, ganz andere Dinge zu gestalten. Was wäre, wenn wir, statt mehr oder weniger gewaltsam unseren Körper zu formen unsere Zeit darauf verwänden herauszufinden, was wir wirklich wollen und unsere Energie dafür verwenden, genau das umzusetzen? 

Gerade die Wechseljahre sind ein gewaltiger Übergang in eine neue Lebensphase. Zu diesem Zeitpunkt haben wir noch mindestens 15 Jahre zu arbeiten und wenn es gut läuft noch mal genauso lang zu leben, wie wir auf der Welt sind. Der Jugendwahn und die Fixierung auf einen tollen Körper halten uns davon ab, diese Jahre aktiv zu gestalten. Diese Zeiten der Veränderung sind nicht klar abzugrenzen. Bei der einen Frau beginnt es früher, bei der anderen später und manche durchläuft eine ganze Menge Veränderungsprozesse. Deswegen glaube ich, dass wir alle irgendwie Inbetweenies sind. Wir sind alle irgendwo zwischendrin, denn das Eindeutige, das Optimale, das gibt es gar nicht. Wir wissen gar nicht genau, was es bedeutet, eine „ältere Frau“ zu sein, weil das wenig ist, worüber gesprochen wird. Wir sind nicht mehr jung, vielleicht spielt Schönheit eine doch viel untergeordenete Rolle, als wir bisher dachten, vielleicht ist die Traumfigur, der wir jahrelang hinterherweinten gar nicht mehr machbar. Vielleicht sind wir einfach normal und ok, so wie wir sind. 

Vor allen Dingen sind wir alle ganz unterschiedlich und das spiegelt sich in unseren Körper wieder. Ich finde das großartig. In der Natur finden wir es doch auch bezaubernd, wenn es Variationen gibt. Vielleicht bedauern wir nur deswegen, dass unsere Brust etwas tiefer hängt, als wir es schön finden, weil uns die ideale junge Brust viel öfter in den Medien gezeigt wird, als das, was für viele Frauen, viele Jahre ihres Lebens realistisch ist. Vielleicht müssen wir akzeptieren, dass im Laufe des Lebens das weiche Gewebe rund um die Taille einfach nicht mehr weggeht und zu uns gehört. 

 

Figurprobleme gibt es nicht

Ich möchte den Inbetweenies und eigentlich allen Frauen zu rufen, dass sie klasse sind, so wie sie sind, dass sie keine Figurprobleme haben, sondern Passformprobleme. Es ist egal, mit welcher Zahl unsere Kleidergröße anfängt. Aber es ist nicht egal, ob wir uns unattraktiv fühlen, weil unsere Kleidung einfach nicht (zu) uns passt. 

Ich bin sicher, es haben sich doch mehr Frauen in dem wiedererkannt, von dem ich sprach, auch wenn sie vielleicht keine Größe im 40er Bereich tragen, also streng genommen kein Inbetweenie (nach der Defintion von Edith Domen von stylehasnosize.com) sind. Nach meiner Erfahrung haben diese sogenannten „Figurprobleme“ für fast alle Frauen Relevanz, weil wir eben keine genormten Schaufernsterpuppen sind, sondern echte Frauen, die mitten im Leben stehen. Deswegen möchte ich am Schluß noch mal kurz auf meine Kursangebote hinweisen. Ich zeige dir gerne wie Schnittanpassung geht, damit du dir gut passende Kleidung nähen kannst, die dich stark und schön macht. Du kannst jederzeit die crafteln Methode der Schnittanpassung in den Onlinekursen lernen – du startest einfach genau dann, wenn es dir passt und lernst in deinem Tempo oder du entscheidest dich für einen Workshop mit einer festen Lerngruppe, Terminen, die dich in die Umsetzung bringen und meiner persönlichen Begleitung. Alle Angebote findest du unter akademie.crafteln.de. Ich würde mich freuen, dich dabei zu unterstützen, dir gut passende Kleidung zu nähen!