– oder: Die Geschichte des Kampfes um Hosen ist auch immer ein Kampf um Gleichberechtigung

Überall sehe ich heutzutage Hosen. Alle tragen Hosen – jederzeit. Doch das war nicht immer so. Lange Zeit war es ein Vorrecht der Männer, Hosen zu tragen und die Hose ein Sinnbild für Männlichkeit. Die Geschichte der Hose ist deswegen auch eine Geschichte des Kampfes der Frauen für mehr Rechte. 


In diesem Blogpost bekommst du eine Zusammenfassung der Inhalte der Podcastepisode. Im Podcast selbst, erzähle ich noch etwas ausführlicher.

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Darum geht es in Episode #38

Nach dem ich zur Recherche für meinen Hosen-Onlinekurs im Februar die Bücher von Gundula Wolter, einer Professorin für Mode und Kostümgeschichte, „Die Verpackung des männlichen Geschlechts – eine illustrierte Kulturgeschichte der Hose“ und „Hosen weiblich. Kulturgeschichte der Frauenhose“ gelesen hatte, wollte ich unbedingt eine Podcastepisode dazu machen. Die Bücher sind wahnsinnig detailreich, einen kurzen Überblick versuche ich in der aktuellen Podcastepisode zu geben. 

Die Hose hat eine lange Geschichte. Schon vor mehr als 10.000 Jahren zeigten Höhlenmalereien Strichmännchen mit Beinkleidern. Es gibt Bilder von asiatischen Hosen aus vorgeschichtlicher Zeit und die Germanen brachten Hosen nach Rom. Bei den Griechen und Römern galt die Hose als das praktische Kleidungsstück ihrer Feinde, als Symbol der Unzivilisiertheit und des Barbarentums. Insbesondere die Reiterei sorgte auch für die Verbreitung der dafür praktischen Hosen. Doch weil sie praktisch waren, setzten sie sich dann auch in Rom durch. 

 

Hose als Sinnbild für Männlichkeit

Hose war lange Zeit ein Sinnbild für Männlichkeit. Männlichkeit wurde zur Schau getragen, es gab sogenannte Schamkapseln, die permanente sexuelle Bereitschaft signalisieren sollten. Später wurde der Hosenschlitz z.B. mit Schleifchen und Knöpfen dekoriert. Der Hinweis auf das männliche Organ verdeutlichte, dass es dem Mann zustand, sich befriedigen zu lassen. So galten und gelten Vergewaltigungen nach Siegen ganz selbstverständlich als eine Art Honorar. 

Andererseits gibt es Erklärungen, dass die Kleidung, also die Bedeckung der Geschlechtsorgane, ein friedliches Zusammenleben erst ermöglichten, weil so nicht sofort sexuelles Begehren und Vergleichen der Ausstattung möglich war. Interessanterweise ist das Schamgefühl erst mit der Bedeckung durch Kleidung entstanden und nicht umgekehrt. 

 

Die Hose, so wie wir sie kennen

Seit dem 17. Jahrhundert (30 jähriger Krieg) sieht die Männer-Hose der Art, wie wir sie tragen ähnlich. Die Beine sind zusammengenäht und oben gibt es eine Art Bund, durch den eine Schnur gezogen wurde. 

Seit ca. 1850 existiert die Männerhose, wie wir sie kennen. Lange Hosenbeine, ein eher sackartiger. Schnitt, der verdeckte Hosenverschluss neutralisiert weitestgehend das Geschlecht und die Einfarbigkeit harmonisiert mit dem Selbstbild des bürgerlichen Anstands. Das ist ungefähr der Zeitpunkt, zu dem die technische Entwicklung der Nähmaschinen die Möglichkeit boten, in Massenproduktion zu gehen. Die einzige Veränderung der Männerhose seit dem kam 1910 mit der Bügelfalte, die für einen wieder strafferen Sitz sorgte. Die scharfe, senkrechte Kante unterstrich die korrekte, männliche Haltung und bot eine ideale Möglichkeit sich trotz weitestgehend vereinheitlichter Kleidung durch die Sorgfalt, die man auf eine korrekte Bügelfalte verwendete, deutlich von körperlich arbeitenden Schichten abzuheben. 

 

Frauen durften keine Hosen tragen

Wenn Frauen Hosen trugen, dann galten sie als dominante Frau, die den Männern die Hosen auszog und als Trophäe demonstrierte. Hosenkampf über Jahrhunderte das Sinnbild des Geschlechterkampfes um Gleichberechtigung und Vorherrschaft. 

Immer wieder erdreisten sich Frauen, das männliche Beinkleid selbst anzuziehen, womit sie meist einen Sturm der Entrüstung und des Spotts auslösten. Z.B. wollten Frauen bei der Französischen Revolution mitkämpfen und auch die Revolutionskleidung diese damals beliebten Hosen aus Südfrankreich tragen. Das war nicht ok. Als kurze Zeit später, nach der Revolution sich eine von Reifrock und Mieder befreite Frauenmode inklusive Hosen – wenn auch nur bei den modischen Vorreiterinnen in Paris – etablierte, die für Erotik und nackte Verführung stand, sorgte, das nicht für Aufruhr – das war genehm. 

 

Kleiderreform-Bewegungen

Im 19. Jahrhundert, als sich auch über die gesundheitlichen Nebenwirkungen des Korsetts Gedanken gemacht wurde, bemerkte man auch, dass es unter den Röcken und Kleidern ziemlich kalt war. Deswegen wurden Frauen lange  Unterhosen empfohlen. Zu dieser Zeit (ca. 1851) betrachten auch Nordamerikanische Frauenrechtlerinnen (Frauenrechte und gegen Sklaverei) die Hosen als „Kampfgewand“. Sie kämpften für mehr Frauenrechte und die Abschaffung der Sklaverei. Besonders bekannt geworden ist das Bloomer Hosenkostüm (Amelia Bloomer), nach Vorbild der türkischen Frauentrachten, das als bequemes Reisekleid mit weiter Hose unter dem Rock ganz anders „am Leben teilhaben“ ermöglichte. Die Vorstellungen davon, wie eine Frau auszusehen sollte, waren zweigeteilt. Die große Mehrheit ging weiterhin davon aus, dass eine Frau hübsch anzusehen zu sein hat. Die Frauen hatten die üblichen Werte internalisiert und schrieben mit der femininen Mode (ohne Hosen) die tradierten Rollenvorstellngen der schwachen Frau fest. 

Es gab dann in Folge des Bloomerismus als ersten Versuch der Kleiderreform, tatsächlich ca. 20 Jahre später eine ganze Reihe von Zusammenschlüssen von Frauen, die sich organisierten, um die weibliche Kleidung neu zu definieren. Sie organisierten Kongresse, definierten Kriterien für Kleidung. Auch in Europa kam diese Bewegung mit noch einmal ca. 10 Jahren später an. In Deutschland wurde ca. ab 1880 in Zeitung und Illustrierten regelmäßig über die Neuigkeiten der Kleiderreformbewegung anderer Länder berichtet. Zunächst wurden diese Themen auf Frauenrechts- und Ärztekongressen diskutiert. Auch die deutschen Frauen organisierten sich. 1896 wurde der „Verein zu Verbesserung von Frauenkleidung gegründet“. Zunächst wurde über Unterhosen diskutiert, um möglichst wenig von der aktuellen Mode abzuweichen. Das Aufbegehren von Frauen gegen die tradierte Frauenrolle und Frauenkleidung wurde über Jahrzehnte nicht zuletzt auch durch die Spaltung der Frauenwelt in „Modedamen“ und „Reformerinnen“ behindert. Letztlich setzten sich die Vorschläge aber nach und nach durch, insbesondere im Bereich des Sportes und der Berufstätigkeit, wo es um praktische und gesundheitliche Aspekte ging. Aber mehr noch als die Reformerinen, hatte die tatsächliche Veränderung des Alltags eine Rolle auf die übliche Bekleidung. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert wandelten sich die Sozialstrukturen im Rahmen der fortschreitenden Industrialisierung. Weibliche Erwerbstätigkeit wurde immer normaler. Männliche Arbeitskleidung, die von Frauen in Männerberufen getragen wurde, gab es schon immer. 

 

Erwerbstätigkeit und Sport machten Hosen selbstverständlicher

Um 1900 gab es eine regelrechte „Versportlichung der Frau“, als nicht mehr nur eine Minderheit an Frauen Sport machte. Das wirkte sich auch auf Kleidung aus, um diesen Sport überhaupt ausüben zu können. Frauen wurden auch im Arbeitsleben gebraucht und konnten nicht mehr nur schwache und versorgungsbedürftige Wesen sein, also wurden sie durch Sport gestärkt. Mit dieser Erstarkung der Frauen, löste sich nach und nach die starke Trennung der Geschlechter auf. Nicht die Versportlichung hatte eine Vermännlichung ausgelöst, sondern die künstlich aufrechterhaltenen starren Grenzen zwischen Männlichem und weiblichen waren durch eine tendenzielle Annäherung der Geschlechter aufgrund veränderter Lebensumstände ins Wanken geraten.

Als. z.B. im ersten Weltkrieg Frauen die Aufgaben der Männer übernahmen, übernahmen sie auch die Kleidung /Hosen. In der Mode hingegen, waren spielten die Hosen noch eine untergeordnete Rolle. Der Hosenrock wurde in ganz unterschiedlichen Variationen diskutiert und auch die Pyjamas (aus Indien und Persien, die mit edlen Materialien wie Seide oder Crepe de Chine als Hausanzug oder Strandkleid galten als akzeptable Hose, weil sie durch ihre Stoffwahl sehr weiblich waren. Erst, als in der Wirtschaftskrise Ende der 20er Jahre Frauen wieder in der Arbeitswelt gefragt waren, wurde die Hose wieder normaler. Ab 1929 wurde nicht mehr darüber diskutiert ob Frauen Hosen tragen dürfen, sondern zu welcher Gelegenheit, denn ein als Arbeitshose oder für die Freizeit war es akzeptiert.  

 

Frauen in Hosen “Unfug und geschmacklos”?

1931 sah man Marlene Dietrich das erste Mal im Hosenzug. Andere Schauspielerinnen machten es nach, doch es setzte sich nicht durch. Die Mehrheit der Bevölkerung empfand Hosen nach wie vor als Unfug und geschmacklos. Daran änderte auch nichts, dass eine Modezeitschrift wie die Vogue 1930 Hosen für Frauen präsentierte. 

Unter den Nationalsozialisten galten Frauen in Hosen als „Flintenweiber“ oder „Russenfreundinnen, denn es wurde ein weibliches Ideal hochgehalten, dass sich eben vom Mann unterscheiden sollte. Die deutsche Frau hatte sich „wesensmäßig“ zu kleiden. Bis 1941 war es üblich, Hosen für Frauen abzulehnen, aber als 1942 Frauen kriegswichtig wurden, war es egal. 

Trümmerfrauen trugen auch Hosen, sahen das aber eher als Arbeitskluft und träumten von schönen Kleidern. Die Zeit des Wirtschaftwunders brachte dann wieder ein Roll Back, in dem die traditionelle Geschlechtertrennung- und Rollen wieder hochgehalten wurden. 

 

Plötzlich kam die Mode “von der Straße”

Bis dahin wurde die Mode von Modezeitschriften und Couturiers gemacht, ab den 50er Jahren begann es, dass die Mode „von der Straße kam“. Junge Leute waren fasziniert vom Stil der amerikanischen Soldaten. Mehr und mehr begann die Jugend modische Vorlieben zu entwickeln, die erst dann von der Modeindustrie zu Mode gemacht wurden. 

In den 50er Jahren trugen junge Frauen gerne Hosen. Doch es war wichtig, dass diese Hosen als besondere Frauenhosen zu erkennen waren. Sie waren relativ kurz und eng und sollten „flott“ sein. Weibliche Stoffe und Farben sollten klar machen, dass das partout keine Männerhosen waren. Natürlich hatten sie den Reissverschluss nicht vorne, sondern, wie von Röcken gewohnt an der Seite oder hinten. 

 

1969 – meine Mutter ist ganz stolz auf ihren selbstgenähten Hosenanzug

 

Hosen für bestimmte Anlässe

Mit der Zeit gab es immer mehr Hosen an oder für Frauen zu sehen. Es ging nur noch darum, dass es eben für den Anlass entsprechend war. Nach wie vor wurden Hosen eher in der Freizeit getragen und nicht im Beruf oder offizielle Anlässe. Bis in den Anfang der 70er Jahre hinein, waren Hosen für Mädchen nicht nur in Schulen sondern auch in Büros und anderen beruflichen Einrichtungen verpönt. 

Hosen waren zwar mittlerweile ein normaler Teil der Mode, doch Modezeitschriften betonten, dass dies ausdrücklich nur für schlanke Frauen gilt.

 

Der Kampf um Hosen ist auch eine Geschichte der Emanzipation

Es war ein langer Weg, bis sich die Frauen die Hosen erkämpft hatten. Doch warum war das nicht andersrum. Warum wollten die Männer nicht gleichermaßen die Röcke? Es gab zwar immer wieder Zeiten, in denen Männer viel Aufwand betrieben – um der Schönheit willen, aber nicht unbedingt, um um die Frau zu werben, denn sie eroberten mit anderen Stärken, als mit Schönheit. Außerdem hatten sie es nicht nötig, um die klassisch weiblichen Kleidungstücke zu kämpfen, denn Erfolg und Macht waren stets männlich. 

Im Kampf der Frauen um Hosen, ging es auch immer darum, ein größeres Stück von den Privilegien der Männer abzubekommen (statt einfach nur stillschweigend auch deren Arbeit zu tun). Die Geschichte der Hosen hat deswegen immer auch etwas, mit der Geschichte der Emanzipation der Frauen zu tun. Aber nur, weil Hosen an Frauen mittlerweile etwas völlig alltägliches sind, ist der Kampf um gleiche Chancen und Gleichberechtigung noch nicht gewonnen. Für alle Menschen.

 

Shownotes:

Erwähnte Bücher: „Hosen weiblich. Kulturgeschichte der Frauenhose“ und  „Die Verpackung des männlichen Geschlechts – eine illustrierte Kulturgeschichte der Hose“ beide von Gundula Wolter.

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