Wisst ihr, wie ich zum Thema “Schnittmuster anpassen” gekommen bin? Weil es nicht die Schnittmuster für mich zu nähen gab, die ich – dicke Frau, die gerne schöne Kleidung tragen will – gerne nähen wollte. Diese Erkenntnis traf mich schon recht früh in meiner Nähkarriere. Plötzlich stellte ich fest, dass es mir beim Nähen ganz genauso geht wie beim Shoppen: ich kann mit meiner Figur einfach nicht in den gleichen Geschäften einkaufen, wie meine Freundinnen. Das ist doch ein großer Mist!
Bestimmte Schnittmuster und Designs gab es einfach nicht in Plus-Size-Größen. Weil ich gewohnt war, die Schuld auf mich zu nehmen, dachte ich, dass es einfach nicht möglich wäre, bestimmte Silhouetten mit meiner Figur zu verwirklichen. “Selbst schuld, was bist du auch so dick!” dachte ich. Doch ich wollte nicht in diesem Zustand der Selbstbezichtigungen verharren. Wenn ich doch selbst nähe, dann muß es doch auch möglich sein, ein Schnittmuster (selbst) zu erstellen, dass meinen Vorstellungen entspricht und für meine Rundungen passt!
Heute weiß ich, dass genau das geht. Auch dicke Frauen können feine Silhouetten tragen, allerdings funktioniert das meist nicht mit einem schnell-schnell-Nähprojekt mit einem Kauf-Schnittmuster. Eine gute Passform erreichst du zuverlässig nur dann, wenn du ein Schnittmuster zu einem Maßschnittmuster machst. Das gilt für alle Körper, aber für dicke Körper ganz besonders. Deswegen will ich dir erklären, warum das so ist und dir zeigen, wie du es lernen kannst.
Gradieren für Plus-Size ist für Plus-Fortgeschrittene
Ich lernte, dass Schnittmuster mit Sprungwerten gradiert/vergrößert werden und dass es eine magische Grenze irgendwo bei Größe 44 gäbe. Ab da wird es angeblich kompliziert. Dabei liegt es gar nicht an den Sprungwerten! Diese definieren nur, um wieviel Zentimeter die nächste Größe an bestimmten Stellen größer wird und die werden ab Größe 44 einfach anders definiert. Es liegt an der Variabilität dicker Körper.
Drei Frauen mit der gleichen “großen Größe” können komplett unterschiedlich aussehen, weil sich das “Mehr” auf ganz unterschiedliche Stellen verteilen kann. Das ist natürlich mit Schnittmustern, die möglichst allen passen sollen, nicht zu lösen. Mein Eindruck ist, dass alles deswegen vor allen Dingen weit gemacht wird. Manche Menschen nennen das kaschieren, ich nenne das “Prinzip Schrotflinte”, denn wenn es weit ist, dann passt es schon irgendwie. Nur richtig gut sieht es leider selten aus.
Die scheinbar einfachen Methoden ein Schnittmuster zu vergrößern, funktionieren leider nicht
Aber wie geht es denn nun, ein Schnittmuster zu vergrößern? Früher dachte ich “ach, wenn ich die Abstände zwischen den Linien des Mehrgrößenschnittmusters kenne, dann kann ich doch einfach weitere Linien im entsprechenden Abstand einzeichnen. Das war gar nicht so leicht, weil Mehrgrößenschnittmuster in der Regel versetzt übereinander liegen und das Ergebnis war leider auch nicht überzeugend.
Genauso wenig war ich erfolgreich damit, Schnittmuster einfach in der Mitte und an der Seitennaht zu vergrößern. Vergrößerte ich an der Mitte, wurden Ausschnitt und Schultern zu groß und vergrößerte ich an der Seitennaht, bekam ich Probleme mit Armloch und Ärmel. Solche scheinbar einfache Methoden führten oft zu stundenlangem Anpassem am halbfertigen Kleidungsstück und manches UFO (unfertige Objekt) wurde niemals fertig gestellt, weil ich eine gute Passform trotz langer Frickelei einfach nicht hinbekam.
Die “größte Größe” war auch keine Lösung
Es dauerte wirklich eeeeeewig, bis ich verstand, dass meine Passformprobleme bei Plus-Size-Schnittmustern daran lagen, dass ich eine zu große Größe nähte. Nach dem Motto “kleiner machen geht immer” wählte ich vorsichtshalber eine relativ große Größe oder aber ich nähte einfach die größte Größe, die es gab, ohne nachzumessen oder in eine Maßtabelle zu schauen.
Ich bin noch nicht mal darauf gekommen dies als schlechte Strategie zu entlarven, als ich bemerkte, dass mir meine genähten Sachen grundsätzlich an den Schultern nicht passten. Wie gewohnt maßregelte ich mich, in dem ich mir erklärte, dass meine schmalen, abfallenden Schultern eben daher kommen, dass ich zu wenig Sport mache und zu viel am Schreibtisch sitze. Ich bin einfach nicht darauf gekommen, dass es nicht passte, weil ich eine zu große Größe nähte!
Mehr Weite dort, wo ich sie brauche, statt einfach nur irgendwie größer machen
Dieser ganze Mist hatte glücklicherweise ein Ende, als ich eine Vorgehensweise namens FBA entdeckte und nach längerem Ausprobieren auch richtig verstand. FBA ist eine Methode, die die Ausgangsgröße eines Oberteilschnittmusters aufgrund des Oberbrustumfangs auswählt. Der Oberbrustumfang ist sozusagen das Umfangmaß des Oberkörpers “ohne Brüste”. Ausgeschrieben heißt FBA “Full Bust Adjustment” und auf deutsch sagt man “kombinierte Weiten und Längenanpassung im Brustbereich” – wie hätte ich da auch darauf kommen können, dass ausgerechnet die FBA die Lösung für meine Passformprobleme im Schulterbereich ist!
Aber weil ich eben einen großen Busen habe, entdeckte ich irgendwann die FBA und am Anfang erschien sie mir ziemlich kompliziert. Ich machte sie nach der Anleitung von Sewn Sushi aber ich brauchte ziemlich lange, um wirklich zu verstehen, was für ein geniales Werkzeug die FBA ist: mit der FBA füge ich dort Weite für die Brust ein, wo ich sie brauche! Deswegen kann ich auch eine kleinere Größe wählen, denn nun ist nicht mehr der Brustumfang mein entscheidendes Maß, sondern der Oberbrustumfang.
Wenn du weißt, wie das Problem heißt, findest du auch eine Lösung
Der große AHA-Effekt meinerseits war, dass ich irgendwann verstand, dass ich früher nicht den richtigen Namen meines Problems kannte und deshalb auf der Suche nach den falschen Lösungen war. Es ging gar nicht in erster Linie darum, Schnittmuster zu vergrößern, weil es sie nicht in meiner Größe gab. Es ging auch nicht darum, eine Lösung für meine angeblich problematischen Schultern zu finden! Mein Problem heißt schlicht und einfach: ich habe eine große Brust. Und dafür gibt es eine Lösung und die heißt FBA. Und weil mich diese Lösung so begeistert, unterrichte ich sie so gerne, damit noch viel mehr Frauen die gleichen Erfolge mit ihr erzielen wie ich und wirklich verstehen, was in dieser Methode steckt.
Du möchtest lernen, wie eine FBA auch deine Passformprobleme löst? Dann komm ich meinen Onlinekurs. Der nächste Kurs startet am 13.5. 2018. Hast du Fragen zum Kurs? Dann schreibe mir gerne eine Mail an fragen ät crafteln de.
Liebe Meike,
du sprichst mir so was von aus der Seele, das glaubst du gar nicht!! Vor allem meine große Oberweite sprengt jeden Rahmen.
Ich habe aus dem gleichen Grunde angefangen zu nähen wie du. Leider habe ich in den letzten Jahren wenig Zeit gehabt neben meiner Vollzeit-Tätigkeit als Lehrkarft an einem Gymnasium. Jetzt sind Ferien und ich muss nicht korrigieren und möchte mir endlich en Dirndl für das nächste Oktoberfest in unserem Ort nähen.
Deinen Kursanfang für das Erlernen von FBA habe ich ja nun verpasst. Kannst du es mir anders beibringen??
Liebe Grüße
Ulrike
Liebe Ulrike,
entschuldige, dass ich deinen Kommentar erst jetzt beantworte!
Der nächste FBA-Kurs startet erst im Oktober oder November – das ist leider zu spät für das Dirndl. Ich kann dir das aber auch in einer Einzelberatung zeigen. Diese mache ich entweder in meinem Büro in Hamburg-Altona oder aber per Videochat über das Internet. Hier findest du das Angebot dazu:
https://shop.crafteln.de/produkt/einzelberatung-onlinecoaching/
Viele Grüße
Meike