Warum ist es sinnvoll Schnittmuster vor dem Nähen anzupassen? Warum sollte frau im Vorfeld Zeit investieren, statt einfach drauf los zu nähen? Warum nicht einfach nach dem Nähen noch ein bisschen nachbessern? Warum sich so viel Extraarbeit machen?

In der zweiten Episode des “Passt – Podcast von crafteln” erzähle ich euch, was mich an dem Thema Schnittanpassung fasziniert, obwohl ich am Anfang gar nicht begeistert war einen Umweg vor dem Nähen zu gehen. Spoiler. Nun, ich verrate dir schon mal das Wesentlich. Warum ich Schnittanpassung gut finde? Weil ich faul bin. Ich bin viel zu faul für nachträgliche Anpassungsorgien. Ich bin ergebnisorientiert: Ich will so schnell wie möglich ein ganz bestimmtes Kleidungsstück haben.

 

Diese Episode ist eine von 15 Episoden meiner Einsteigerinnenserie zum Thema Schnittanpassung. Weitere Episoden findest du bereits hier im Blog unter folgenden Links:

In meinem Podcast, “Passt, der Podcast von crafteln” bin ich mit einer 15-teiligen Einsteigerinnen-Serie gestartet. Es sind 15 Folgen vollgepackt mit meinem Wissen, Tipps und Perspektiven – die dir helfen sollen, den Einstieg in die Schnittanpassung zu erleichtern. Es ist ein richtiger “Audio-Kurs” geworden, mit Lernlektionen á jeweils 30-50 Min. Länge. Klicke auf die jeweilige Folge um zum Artikel mit der Podcast-Episode zu gelangen.

 

Du möchtest lieber lesen statt hören? Hier findest du eine Zusammenfassung der aktuellen Podcast-Episode.

Wie bin ich zum Anpassen von Schnittmustern gekommen?

Als ich begann, Kleidung für mich zu nähen, besuchte ich einen Nähkurs. Ich hatte den Traum, eine gut passende, figurbetonte Tunika mit Teilungsnähten zu nähen. Und weil es schließlich Nähkurs heißt, habe ich die zugeschnittene Tunika gleich mitgbracht. Es dauerte dann ziemlich lang, bis ich etwas anprobieren konnte, weil es in dem Nähkurs der Nählehrerin um das ordentliche Nähen ging. Immer und immer wieder mußte ich etwas auftrennen, bis die Nählehrerin mit meinen Nähten zufrieden war. Als ich endlich die fast fertige Tunika anprobieren konnte, war ich enttäuscht, denn sie saß nicht super. Über der Brust war sie etwas zu eng und über der Brust beulte es. Das sah nicht gut aus. Obwohl es nur ein erstmal günstiger Stoff zum üben war, war ich sehr enttäuscht. Die Schneiderin, die den Nähkurs leitete, steckte die Tunika ab und schlußendlich trug ich die recht ordentliche Tunika anschließend gerne und war stolz darauf.

Doch die Nählehrerin zeigte mir nicht, wie ich die Änderungen, die sie abgesteckt hatte, auf das Schnittmuster übertrage, dabei wollte ich gerade das lernen. Deswegen bin ich dann nicht weiter in den Nähkurs gegangen und habe mein Wissen fortan aus Büchern dem Internet zusammen getragen. Ich wollte lernen, wie Kleidung funktioniert. Wie kann ich ein Schnitt so anpassen, dass ich daraus immer wieder ein passendes Kleidungsstück nähen kann. Der Nähkurs sehr enttäuschend, aber mir das Gewünschte selbst beizubringen war auch nicht leicht. Ich produzierte dann in der nächsten Zeit sehr viele UFOs und TFTs und fand es sehr frustrierend, Geld für den Stoff ausgegeben und Zeit investiert zu haben ohne, dass daraus ein Kleidungsstück entstand. Es ist so belastend, diesen Frust zu produzieren und diese enttäuschten Träume zu haben. Ich wollte wirklich lernen, wie ich Kleidung nähen kann, die mir gut passt und ich wollte wiederholbare Erfolgserlebnisse. Es reichte mir nicht, etwas abgesteckt zu bekommen, bis es einigermaßen passt. Daraus entsteht zwar ein tragbares Kleidungsstück, aber ich bin damit in der Hand der Nählehrerin und abhängig davon, dass mir bei jedem Kleidungsstück immer jemand hilft. Dabei möchte ich das für mich selbst lösen können. Nachträgliche Anpassungsorgien empfinde ich als mühsam, schwer und frusterierend. Ich nenne das Frickeln.

Frickeln

Das Wort “Frickeln” habe ich dann auch im Duden nachgeschlagen. “ein technisches/handwerkliches Problem oder eine Aufgabe mühsam, kleinteilig oder zeitaufwändig zu lösen versuchen”. Ja, das konnte ich unterschreiben. Für mich war das deswegen so negativ, weil ich es anstrengend fand und die wenige Kraft, die ich überhaupt abends habe, um zu Nähen sinnvoll einsetzen wollte. Im Duden gab es noch ein Beispiel “der frickelt wieder auf seiner Mühle rum”. Solche Typen, die jedes Wochenende an ihrem Motorrad rumschrauben kenne ich, aber das Beispiel konnte ich nicht auf mich übertragen. Ich weiß, dass viele an so einer hingebungsvollen Tätigkeit viel Spaß haben, aber ich wollte Ergebnisse. Ich weiß, dass dieser Spaß an der Sache, dem Tun an sich relevant für viele Näherinnen ist. Ja, ich habe auch diesen sogenannten “Flow” beim Nähen, aber nicht beim Anpassen! Ich möchte den kürzesten Weg: Ich will genau dieses Kleidungsstück unbedingt haben. Ich sehe mich beim Nähen schon darin und ich stelle mir vor, in welchen Situationen ich es tragen werde und stelle mir vor, welche Begeisterung es hervorruft. Wenn bei der Anprobe sichtbar wird, dass ich nicht so aussehe, wie in meinen Träumen, ist das enttäuschend und frustrierend.

Ok, ich weiß, dass auch bei Schneiderinnen Probestücke aus Nessel und Anproben mit Kundinnen gemacht werden, bis ein Kleidungsstück gut passt. Aber wir Hobbynäherinnen haben doch so wenig Zeit und sind abends müde. Frickeln ist nicht die schöne abendliche Freizeitbeschäftigun und dann ist auch noch der Ausgang unsicher. Je länger ich frickele, um so mehr geht die Liebe flöten, die ich noch während des Nähens habe. Deswegen finde ich es so sinnvoll, Schnittmuster anzupassen.

Deswegen war es so spannend für mich, etwas über Anpassen, Materialqualitäten, den Körper, die Bewegungen zu lernen, weil ich so mehr Sicherheit gewann. Zu wissen, was frau tut und dass in dem angepassten Schnittmuster eine Menge Gehirnschmalz steckt,ist eine Art Versicherung dafür, dass anschließend ein Kleidungsstück dabei herauskommt. Die Erfolgswahrscheinklichkeit steigt und letztlich habe ich, seit dem ich Schnittmuster im Vorfeld des Nähens anpasse, viel mehr Freude am Stoff kaufen, weil ich sicher sein kann. dass ein tolles Kleidungsstück dabei herauskommt.

Schnittanpassung ist leichter, als du denkst

Jetzt sagen viele Schnittanpassung wäre kompliziert. Aber das ist es gar nicht. Wenn du weißt, wie es geht, machst du einfach “deine üblichen Änderungen” – diese Formulierung hast du bestimmt schon einmal in Nähblogs gelesen. Wenn wir für uns selbst nähen, müssen wir nur wissen, wie wir für uns Änderungen machen und gar nicht alles über das Thema zu wissen, weil vieles uns gar nicht betrifft. Der Körper ist relativ stabil, wir bleiben weitestgehend gleichbleibend lang bzw.kur oder breit und schmal. Auch du wirst recht schnell herausfinden, was die typischen Änderungen sind, die du an einem Schnitt kontrollieren und dann gegebenenfalls anpassen mußt. Weil du immer für den gleichen Körper nähst, gibt es Wiederholungen, die zur Routine werden. Du mußt irgendwann gar nicht mehr die einzelnen Schritte nachschlagen, wenn du verstanden hast, wie es funktioniert.

Schnitte nicht anzupassen, ist ein Glücksspiel

Ja, wir investieren vor dem Zuschnitt zusätzliche Minuten. Aber das ist immer noch besser, als sozusagen “mit verbundenen Augen” zu nähen. Irgendeine Größe nehmen, nicht anzupassen und einfach zu hoffen, dass es schon was wird, ist ein Glücksspiel. Findest du es nicht auch schöner, eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit zu haben und zu wissen, was anschließend herauskommt? Ich liebe wiederholbare Erfolgserlebnisse!

Die Frage ist wie kann frau lernen, wie Schnittmuster auf die Figur angepasst werden? Ich fand es gar nicht so leicht, das Wissen zusammen zu tragen und meine Erfahrungen zu machen. Eine Lehrerin dafür zu finden, war wirklich schwierig. Die Nählehrerinnen, die ich in den ersten Jahre ausprobierte, waren dafür nicht die Richtigen. Zunächst hatte ich das Gefühl, es handele sich um eine echte Wissenschaft, und dass es jahrzehntelange Erfahrung als Schneiderin braucht, um es zu lernen. Dabei haben die Damen nur nie in Worfe fassen können, was sie machten! Ich nahm Umwege über das Lernen von Schnittkonstruktion, viel Ausprobieren, alle möglichen Menschen zu löchern und beobachten und lernte dann noch mal ganz viel, als ich mein Gelerntes in Unterricht, Lehrmaterialien und das Buch “Passt perfekt” umwandelte. Als ich verstanden hatte, wie A und B zusammenhängt, fand ich es plötzlich gar nicht mehr so kompliziert. Das heißt, auch du kannst es recht einfach lerne, ich zeige dir gerne, wie es geht. Natürlich wird man mit der Zeit und mit mehr Erfahrung dann noch besser. Aber mit meiner pragmatischen Vorgehensweise Schnittmuster anzupassen kommst du recht schnell sehr weit. Meine Methode Schnittmuster anzpassen, möchte ich dir gerne zeigen. Nächste Woche geht es weiter mit einer neuen Episode meiner Einsteigerinnenserie zur Schnittanpassung. Nächste Woche geht es um Schnittkonstruktion.

Aber jetzt will ich dich erstmal fragen: bist du eine Fricklerin? Ist für dich der Weg das Ziel oder das Ziel das Ziel. Ich freue mich über Rückmeldungen und Kommentare und natürlich auch über eine Bewertung bei itunes.