– oder: “Bin ich dick?”

„Ab wann ist es Plus Size“ werde ich immer wieder gefragt. Warum eigentlich? Woher kommt diese Unsicherheit und warum fragen mich das alle immer wieder, obwohl es doch mittlerweile bekannt sein müsste, dass ich auf Konfektionsgrößen nichts gebe, weil ich weiß, wie man Schnittmuster anpasst? Die Menschen frage mich das oder suchen die Antwort auf meinem Blog, weil die Frage mit Gefühlen einhergeht, die ihnen das Leben schwer machen. Die Frage ist nicht in einem Satz zu beantworten. In dieser Episode versuche ich eine Antwort zu finden. 

In diesem Blogpost bekommst du eine Zusammenfassung der Inhalte der Podcastepisode. Im Podcast selbst, erzähle ich noch etwas ausführlicher.

Über ein paar freundliche Worte oder/und ein paar Sternchen zur Bewertung des Podcasts bei itunes/apple-Podcasts würde ich mich sehr freuen! 

Alle Informationen zum Passt-Podcast sowie Links zu allen Episoden findest du hier: *klick*


 

Darum geht es in Episode #71:

Bevor ich mit der Episode starte, möchte ich noch kurz etwas erzählen, was es Neues bei crafteln gibt: 

  • Im Dezember gibt es einen Adventskalender in der großen crafteln Facebookgruppe crafteln ⎪ Schnittmuster ⎪ anpassen und auch nur dort. Am Dienstag geht es los mit Rabatt-Aktionen, Schnittmuster-Hacks und allerlei wertvollen Ideen, auf die wir euch hinweisen wollen und einer crafteln Weihnachtsfeier am 15.12. Also wenn du den Podcast gerne hörst und noch nicht in der crafteln ⎪ Schnittmuster ⎪anpassen Facebookgruppe bist, dann wird es jetzt höchste Zeit. 
  • Für alle diejenigen, die schon länger mit einem Schnittanpassung-Onlinekurs liebäugeln, habe ich mir etwas Schickes ausgedacht: Es gibt Geschenk-Gutscheine für Onlinekurse – damit du es deinen Lieben mit deinen Weihnachtswünschen leicht machst, habe ich zwei unterschiedlich große Gutscheine vorbereitet. Schau mal auf shop.crafteln.de/geschenk-gutscheine.

Die häufigste Frage, die ich seit dem Sommer gestellt bekomme ist „Soll ich das blaue Buch oder das grüne Buch kaufen?“. “Welches deiner Schnittanpassungs Bücher ist das Richtige für mich?”, “Ab welcher Größe ist das Plus-Size-Buch relevant?” Die Fragen nach den Unterschieden sind berechtigt – ich versuche sie mal mit mehr als einem Satz zu beantworten. 

Die beiden Schnittanpassungs-Bücher „Passt perfekt“ und „Passt perfekt Plus Size“ haben zwar inhaltlich eine gewisse Deckungsgleichheit, sie sind aber ganz unterschiedliche gegliedert. Ein großer Unterschied: der inhaltliche Schwerpunkt und die Ansprache ist beim grünen Buch ganz anders. Dazu später mehr.  

Die Frage, die ich dahinter vermute, ist eine Frage, die ich als häufigste Suchanfrage in meiner Statistik finde „Ab wann ist man Plus Size?“ und diese Frage ist fast genauso schwierig zu beantworten. 

In der Schnittkonstruktion werden Plus Size Schnittmuster mit anderen Annahmen konstruiert

Du kennst es sicherlich: Bei Mehrgrößenschnittmustern gibt es diese parallelen Linien, d.h. jede Größe ist um einen bestimmten Grad weiter bzw. länger als die vorherige. Die Abstände zwischen den Linien sind gleich. Doch ab einem bestimmten Körpervolumen (ca. ab Kleidergröße 46) reicht dieser Abstand (Sprungwert) nicht mehr. Allerdings wächst das Körpervolumen nicht in allen Körperbereichen gleichermaßen. Deswegen empfiehlt es sich, für die großen Größen einen ganz neuen Schnitt zu konstruieren.

Das ist der Grund, wieso viele Schnitt- bzw. Kleidungshersteller eben nur bis 44 gehen. Es wäre zu teuer, einen neuen Schnitt zu machen (abgesehen von den zusätzlichen Lagerhaltungskosten für noch mehr verfügbare Größen, der Vorfinanzierung und der Tatsache, dass es für große Größen einfach mehr Stoff braucht). 

Die einfache Antwort ist also: ab Größe 44/46 könnte man sagen gehört die Kleidung zu den großen Größen. Das hängt natürlich davon ab, wie die einzelnen Marken ihr Größensystem ausgestalten. Aber darum geht es jetzt erst einmal nicht. Ab den mittleren 40-er Größen ist es Plus-Size, weil idealerweise ein anderes konstruiertes Schnittmuster die Grundlage für einen Mehrgrößenschnitt ist oder , um es mal etwas direkt zu formulieren: ab den mittleren 40er Größen wird es mit der Passform richtig schwierig, weil die Schnittmuster einfach nicht darauf ausgelegt sind, welche Vielfalt es an dicken Körpern gibt.

 

Zu dieser technischen Erklärung braucht es eine “menschliche” Erweiterung

Ich vermute, dass aber auch diese technische Antwort nicht wirklich ausreicht. Frauen haben oft unterschiedliche Größen oben und unten, sie beobachten, wie sich der Körper verändert – vielleicht haben sie nur einen Körperbereich, z.B. die Taille, wo die übliche Größe irgendwann nicht mehr passte. Der Grund, wieso die technische Antwort unbefriedigend ist, ist die Unsicherheit: Muß ich jetzt wirklich in einen Spezial-Laden für Aliens gehen, um meine Kleidung zu kaufen? Bin ich nicht mehr normal? Bin ich nun offiziell dick?

Die Frage stellt sich, weil wir in normal und nicht-normal differenzieren und bewerten. 

Letztlich sind es alles Körper und alle Körper sind unterschiedlich. Die Einteilung in Normalgrößen und Übergrößen ist willkührlich und beruht auf Annahmen bezüglich Körperformen, die es möglich machen, unterschiedliche Körper in Gruppe anzuorden, um die Pass-Wahrscheinlichkeit der vorgefertigten Kleidung zu erhöhen. Wir haben gelernt, dass es Kleidergrößen gibt und wir haben gelernt, dass es Normalgrößen und „das andere gibt“. Wir haben gelernt, dass „das andere“ schlecht ist (Vgl. Episode #64 Fat Acceptance Bewegung): Dick sein ist das Allerschlimmste überhaupt. Kein Wunder, dass wir Angst haben, dieser Gruppe der Dicken zugeordnet zugeordnet zu werden. 

 

Wenn du dick bist, dann weißt du, dass du dick bist

Als ich das letzte mal nach dem grünen und dem blauen Buch gefragt wurde, antwortete ich der Frau: wenn du dick bist, dann weißt du es. Diese Antwort war unbefriedigend für die Frau. Ich habe sie nicht gesehen, vermute aber, dass sie so etwas wie eine Größe 42 trägt. Diese sogenannten „Inbetweenies“, die diese Übegangsgrößen zwischen normal und Plus Size tragen, sind besonders verunsichert. Sie sehen nicht aus, wie das, was uns als Ideal vorgeführt wird, aber sie beruhigen sich ein bisschen damit, dass es andere gibt, die noch dicker sind als sie.

Kein Wunder, wenn es dann ein Problem gibt, sich für das grüne Buch zu entscheiden oder einfach mal in einen Laden für große Größen zu gehen. Wenn das jemand beobachten würde, würde er und sie denken „aha, das ist also eine Dicke“ – dabei ist der Mensch ja ohnehin zu sehen. Und überhaupt, was interessiert uns, was andere denken? Der Grund, wieso das ein Problem ist, ist das gefühlte Eingeständnis von Schuld und Versagen. Wer im dicke-Frauen-Laden kauft, hat definitiv nicht das geschafft, was uns überall erklärt wird: „Abnehmen ist möglich“, sagt die Diätindustrie und rechnet uns vor, wie einfach das geht. Wir alle wissen, dass das nicht so ist. 

 

Viele Frauen sind fixiert auf die Machbarkeit und Überlegenheit von Schlankheit, dass sie glauben dick zu sein

Zurück zu der Frage, ab wann das grüne Buch, das für Plus Size, angeraten ist. Meine Antwort: ich weiß es nicht, aber du wirst es wissen. Du weißt, wenn du dick bist – auch wenn es schwierig ist, es sich einzugestehen und wenn zugegebenermaßen viele Frauen falsch liegen in der Annahme dick zu sein. Wie oft müssen wir die Bitte um Aufnahme in die curvy-Gruppe ablehnen, weil eine Frau mit einer Größe 42 da rein möchte. Die curvy-Facebookgruppe soll ein Schutzraum sein, in dem Fragen besprochen werden, die dicke Frauen und ihre Kleidung betreffen. Da fühlen sich dicke Frauen schnell brüskiert und unwohl, wenn eine dünne Frau über ihr Bäuchlein klagt. 

Doch das Bäuchlein ist da und verursacht Probleme. Die Gefühle will ich weder abwerten noch bewerten. Aber wobei ich helfen kann, sind die Passformprobleme, die das Bäuchlein beschert. Dafür gibt es Lösungen und was du machen kannst, damit deine selbstgenähte Kleidung auch mit Bäuchlein besser sitzt, zeige ich dir gerne. Lösungen dafür gibt es in meinen Onlinekursen und meinen Büchern und darüber Austauschen kannst du dich in der großen crafteln Facebookgruppe, in der alle Frauen, die ihre Kleidung selbst nähen und Schnittmuster anpassen (wollen) willkommen sind. 

 

Dicke Frauen bekommen eine Extraportion Ermunterung, es mit Schnittanpassung zu versuchen

Für die dicken Frauen, die einfach noch mehr Körper haben, als nur ein Bäuchlein, die schon viele, viele Jahre nichts mehr oder nicht das zum Anziehen finden, was sie gerne tragen würden (oder was sie sich schon lange abgeschminkt hatten, tragen zu können), für die habe ich eben noch besondere Angebote: Für diese dicken Frauen gibt es die curvy-Gruppe und das grüne Buch. Denn diese dicken Frauen, brauchen eine Extraportion Zuwendung, Erklärungen, Lösungsansätze und einen Schutzraum, um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Wenn du wirklich dick bist, weißt du das. 

Deswegen gibt es das grüne Buch, obwohl in dem blauen Buch eigentlich alles schon drin steht. Im blauen Buch zeige ich Änderungen immer in alle Richtungen. Da spreche ich von enger oder weiter und von länger oder kürzer. Im grünen Buch ist klar, dass wir in den allermeisten Fällen Schnittmuster größer und weiter mache müssen – wahrscheinlich genau deswegen, weil es das schöne Schnittmuster schlichtweg nicht in unserer Größe gibt. (Das könnte daran liegen, dass die Schnittersteller sich nicht mit den speziellen Anforderungen eines Plus-Size-Körpers auskennen, dass sie die Kosten scheuen, ein Schnittmuster in verschiedenen Varianten von Grundauf zu konstruieren oder weil sie sich schlichtweg nicht vorstellen können, dass eine dicke Frau figurnahe Klamotten trägt, die modisch sind und die sie sichtbar machen.) 

 

In meinem Buch “Passt Perfekt Plus-Size” nehme ich dich an die Hand, in eine neue Silhouette hereinzuwachsen

Im grünen Buch gibt es nicht nur zusätzliche Schnittmuster-Hacks, die Kleidung für dicke Frauen bequemer macht. Es gibt noch ein paar Stoffempfehlungen, die es für dicke Frauen angenehmer machen, es gibt vor allem eine andere Gliederung, als im blauen Buch. 

Während das blaue Buch technisch gegliedert ist „von oben nach unten“ und „von vorne nach hinten“ ist das grüne Buch „menschlich“ gegliedert. Ich habe mich versucht daran zu erinnern, wie es mir ging, bevor ich meine Kleidung selbst nähte. Was ich über meinen Körper und Kleidung fühlte und dachte. Was ich erlebte, als ich mehr und mehr selbst genähte Kleidung trug. Wie ich nach und nach in die Kleidung auch mental erst hineinwuchs, die ich heute trage. Mein kleines Ich musste in kleinen Trippelschritten nachkommen und brauchte Zeit, in die neue Garderobe hinein zu wachsen.

Deswegen ist das grüne Buch anders gegliedert. Ich nehme die dicken Frauen an die Hand und führe sie behutsam, Schritt für Schritt in eine neue Silhouette, die sie durch Kleidung zaubern können. Ich zeige zunächst, wie einfache Schnittmuster für weite Kleidung so angepasst und optimiert werden können, dass sie schon viel besser aussieht, als alles vorher getragene. Dann gehen wir gemeinsam Schritt für Schritt weiter von figurumschmeichelnder Kleidung bis zu einer Silhouette, die die dicke Frau ins Lampenricht rückt. Das ist der Unterschied zwischen dem blauen und dem grünen Buch. Das eine ist ein Nachschlagewerk und das andere ist eine Art „gute Freundin“. Ich bin sicher, dass dicke Frauen insbesondere in Kleiderfragen eine gute Freundin brauchen, die ihnen sagt, dass sie schön sind und genau richtig, so wie sie sind. 

 

Plus Size sind diejenigen, die wissen, dass sie dick sind und Lust haben, ganz andere Kleidung als bisher angeboten zu tragen

Deswegen gibt es das grüne Buch. Deswegen mußte ich das grüne Buch schreiben, obwohl im blauen Buch eigentlich schon alles drin steht, was frau wissen muß, um Schnittmuster anzupassen und Kleidung mit einer guten Passform zu nähen. Aber diejenigen, die dick sind, die wissen, dass sie dick sind, die brauchen etwas mehr, als nur ein paar Schnittanpassungstechniken. Deswegen gibt es das grüne Buch und die curvy Facebookgruppe und deswegen stehe ich da, zeige mich im Internet und erzähle von meinem Weg, meinen Gefühlen und meiner Entwicklung. Denn das brauchen ganz besonders diejenigen, die eine Figur haben, die als das Nicht-Normale gilt. Eigentlich habe ich das grüne Buch nur geschrieben, damit es die dicken Frauen finden und sich trauen, es mal mit Schnittanpassung zu versuchen. 

Das war das Ende der 6. Staffel, in der es um dicke Körper ging. Ich habe noch mehr zu sagen, dazu und das Thema wird uns auch weiter begleiten. Aber an dieser Stelle will ich es erstmal dabei belassen. Jetzt kommt Weihnachten und der Jahreswechsel – der Podcast und vor allen Dingen ich brauchen erstmal wieder eine Pause. Nächstes Jahr geht es dann frisch und munter mit Staffel 7 weiter. 

Bis dahin wünsche ich dir eine gute Zeit, alles Gute und bleib gesund. Wenn du neugierig geworden bist auf das grüne oder das blaue Buch, dann schau mal rein. Ich bin sicher, du weißt eigentlich schon ganz genau, welches das Richtige für dich ist. Mit den Büchern kannst du mich und meine Art und Weise zu Erklären kennenlernen und wenn du es dann wirklich wissen willst, wenn du wirklich endlich gut passende Kleidung nähen willst, dann komm in meinen Onlinekurs. 

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, endlich gut passende Kleidung zu nähen. Ok, vielleicht bist du jetzt vor Weihnachten noch ein bisschen mit Anderem beschäftigt, aber dann. Einen Onlinekurs kannst du genau zu dem Zeitpunkt starten, wann es für dich passt. Einen Gutschein dafür, kannst du dir zu Weihnachten wünschen. Ich drücke dir die Daumen, dass du einen bekommst. Damit die Wahscheinlichkeit steigt, habe ich es versucht, für deine Lieben möglichst einfach zu machen und habe eine übersichtliche Seite mit nur zwei Auswahlmöglichkeiten erstellt: schick sie auf shop.crafteln.de/geschenk-gutscheine. Dort können sie einen Gutschein kaufen, dir zu Weihnachten schenken und du startest dann mit dem Kurs, wenn wieder etwas Ruhe eingekehrt ist nach dem vorweihnachtlichen Trubel. 

Wir hören uns nächstes Jahr wieder. Bleibt gesund und macht es gut. Deine Meike Rensch-Bergner