Nein, nein, nein, ich kann es einfach nicht mehr hören. Wenn ich für jedes Mal, das mir eine Frau sagt, sie hätte “oben und unten unterschiedliche Größen” einen Euro bekommen hätte, wäre ich reich. Das ist einfach Mist und regt mich unsäglich aus. Warum? Das erkläre ich dir gerne. Nichts lieber als das!
Größen sind Hilfsmittel der Massenproduktion
Ok, fange ich bei den Größen an. Größen sind Hilfskonstrukte für diejenigen, die Schnittmuster oder Kleidung erstellen für Menschen, die sie nicht kennen. Erst, als Kleidung nicht mehr als Einzelstück, sondern in Massenproduktion hergestellt wurde, wurden Größen erfunden. Weil die Herstellerinnen ihre Kundinnen nicht kannten! Sie mußten irgendwelche Annahmen darüber machen, wie die Menschen wohl aussehen würden, die ihre Kleidung kaufen würden. Damit sie nicht eine “One-fits-all”-Einheitsgröße produzierten, haben sie Menschen vermessen und in Grüppchen aufgeteilt und so entstanden die Konfektionsgrößen.
Aber das interessiert uns eigentlich einen Dreck, denn wir kennen den Menschen, den wir benähen wollen. Es ist unser Lieblingsmensch. wir wollen schließlich für uns Kleidung nähen. Warum sollen wir also über Größen nachdenken?
Hör mir auf mit Schmeichelgrößen!
Ok, vielleicht wären Größen für uns hilfreich, wenn sie wenigstens objektiv wären. Aber Konfektionsgrößen sind subjektiver Mist. Jede Herstellerin, jede Designerin erfindet einfach eigene Größen. Du kennst das! Nur, weil dir bei X etwas in Größe Dingsbums passt, heißt das noch lange nicht, dass das auch für Größe Dingsbums bei Y gilt. Die machen alle was sie wollen! Und dann auch noch mit Absicht! Schon mal was von Schmeichelgrößen gehört? Ja genau. Die glauben vermutlich auch noch, dass wir ihnen glauben!
Größen sind Schall und Rauch, denn sie sind nicht genormt. Es ist wirklich piepegal, welche Größe wir wo haben. Lasst mich doch in Ruhe mit Größen!
Alles was zählt bist du!
Deswegen ist es auch piepegal, ob wir oben und unten unterschiedliche Größen haben. Es ist einfach unwichtig. Wir brauchen hard facts und keine Schmeichelgrößen. Die einzigen Zahlen, auf die wir uns verlassen können, sind unsere Maße. Und die sind natürlich oben und unten anders. So what?! Ist doch piepegal, wir können doch nähen!
In dem Moment, wo wir nicht auf Convienience-Kleidung zurück greifen müssen, die fertig produziert in den Läden hängt, sondern unsere Klamotten selbst nähen, ist es wirklich egal, von welchem Menschenbild die Herstellerinnen ausgehen. Sollen sie doch für einen ganz anderen Typ etwas anbieten. Das ist mir doch egal. Ich lasse das dort einfach hängen und nähe mir etwas eigenes. Dazu brauche ich nur ein paar Zahlen. Meine Maße! Denn diese helfen mir, gut passende Kleidung für mich zu nähen.
Du bist genau richtig, so wie du bist!
Deswegen muß ich mir auch keine Gedanken darüber machen, wenn mir etwas im Laden nicht passt. Ich brauche gar nicht in Erwägung zu ziehen, irgendwie falsch zu sein, weil es an einer Stelle passt und an anderer Stelle komplett bescheuert aussieht. Das liegt einzig und alleine daran, dass die Herstellerinnen dieser beknackten Kleidung mich nicht kennen! Sollen Sie doch ihre komischen Größen benutzen. Glücklicherweise bin ich nicht auf ihre Kleidung angewiesen.
Seit dem ich das verstanden habe, weiß ich, das ich genauso wie ich bin, richtig bin. Ich lasse mir doch nichts einreden! Ich bin, wie ich bin und glücklicherweise bin ich dazu in der Lage, genau für den Körper, den ich habe, passende Kleidung zu nähen. Und wenn du das lernen willst, dann bringe ich dir das gerne bei. Also vergiss dieses “ich habe unterschiedliche Größen” und schmeiß die damit verbundenen doofen Gefühle auf den Müll! Du bist genau richtig, so wie du bist. Schön, dass es dich gibt!
Ich habe herzhaft gelacht – nicht nur schön wie Du schreibst sondern auch richtig – und hoffentlich immer mehr Frauen, Männer, Mädchen dazu ermutigend, sich von der Wertung des eigenen Körpers über Konfektionsgrößen zu lösen.
Hallo Jutta, mir ging es ebenso wie Dir. Meike hat soooo recht . Ich gebe aber gerne zu, manchmal auch zu jammern, gelobe jedoch Besserung!
Hallo Susanne,
vielen Dank für deinen Kommentar. Nach dem Bewußtwerden kommen die ersten Schritte zur Änderung – bis du selbst genervt davon bist, wenn jammrige Gedanken kommen 🙂 So war es bei mir. Es ist ein Prozess.
Viele Grüße
Meike
Liebe Jutta,
danke für deinen Kommentar. Schön, dass ich dich zum Lachen bringen konnte. Ja, vermutlich ist der Feind gar nicht die Konfektionsgröße, sondern sitzt in unserem Kopf. Wir arbeiten dran!
Viele Grüße
meike
Liebe Meike,
bis alte eingefahrene Muster ( oder auch Gedanken) sich verändern, braucht es einige Zeit und man braucht jemanden, der einem immer und immer wieder die neuen Wege aufzeigt und erklärt.
Deine Mission tut uns doch so gut 🙂
Ganz liebe Grüße
Liebe Annett,
ja, das hast du natürlich recht. Ich bin nur manchmal ein bisschen ungeduldig 🙂
Viele Grüße
Meike
Liebe Meike,
ich mag deine Art sehr. Du hast mir geholfen, dass ich mich auf Fotos oder im Spiegel wieder sehen kann. Bei dir habe ich die ersten Schritte gemacht, um wieder sehen zu lernen. Deshalb weiß ich, wie schwer und langwierig so ein Umdenken ist. Da tut es gut, wenn Menschen wie du, sich so engagieren.
Liebe Grüße
Liebe Sabine,
ach, das freu mich sehr. Wie schön, dass du das hier teilst! Dankeschön!
Viele Grüße
Meike
Das beherzige ich schon seit über 30 Jahren. Ich habe nämlich ein Hochwasser-Hosen-Trauma. Ab einem Zeitpunkt x (ich war so 15 oder 16) gab es für mich nur noch Hosen, die ich zu kurz fand – oder eben Jeans. Nur waren Blue Jeans im Büro damals noch … naja nicht gern gesehen.
Wenn schon meine Beine zu lang sind für Standard, warum soll dann irgendwas anders Standard sein.
Trotzdem benutze ich den Ausdruck mit den Größen auch, weil eben in den Nähzeitschriften die Maße in Größen überführt sind.
Hallo Rita,
wie gut, dass wir sowas wie Hochwasser-Hosen-Traumata durch Nähen überwinden können. Ja klar, auch die Schnittmuster sind Massenkonfektion – sie werden auch für unbekannte Menschen erstellt. Für die Vorabauswahl eines Schnittmsuters ist es ja auch angenehm, nicht an irgendeinem Punkt zu starten, sondern mit der Auswahl der Größe eine gute Ausgangsbedingung zu schaffen. Aber es reicht eben eine Größe.
Viele Grüße
Meike
Oh, wie ich diesen Artikel am liebsten in die ganze Welt hinaus schreien würde!! Mich regt es immer dermaßen auf, wenn die Frauen über wenige cm diskutieren oder sich ständig für ihre “Größen” rechtfertigen wollen oder denken, niemand ist so dick wie sie oder oder oder. Ich bin es so so satt. DANKE für diesen Artikel, ich würde ihn mir glaube ich ausdrucken und ins Nähzimmer hängen. Und jedes Mal, bevor ich für eine Freundin nähe, die mal wieder ihre Größen in den Vordergrund stellt, zum Lesen gebe und ihr Einverständnis einfordere, sonst gibts nichts Genähtes 🙂
Das klingt vll ein wenig provokant von mir, aber gerade die Tage/Wochen wurde ich damit so oft konfrontiert, da hängt es mir mehr als zum Halse raus 😀
Hallo Esther,
vielen Dank für deinen emotionalen Kommentar. Was zum Halse raushängt, muß mal raus. 🙂 In diesem Sinne: wir kämpfen weiter für ein gutes Leben für alle Frauen!
Viele grüße
Meike
Wieso ist “zwischen zwei Größen” ein Problem? Und was hat das mit Body Shaming zu tun? Wenn ich mir ein Schnittmuster abpause, muss ich meine Maße mit der Tabelle vergleichen, eventuell auch im Schnittmuster nachmessen und je nach Ergebnis einen Mischmasch aus mehreren Größen abkopieren. Aber deshalb fühle ich mich weder schlecht, noch nicht richtig oder sonst irgendwie komisch, sondern akzeptiere Größen einfach als Hilfsmittel für Designer und Konsumenten. Wie würdest du das denn sonst lösen wollen?
LG Malou
Hallo Malou,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Mir ist aufgefallen, dass Frauen dieses “zwischen zwei Größen” mit einer Art Schuldgefühl formulieren. Es schwing häufig ein “ich bin nicht richtig” mit. Diesem Gefühl möchte ich mit der Erklärung, wofür es Konfektionsgrößen gibt, etwas entgegensetzen. Es ist schön, dass das bei dir nicht so ist.
Meine Methode der Schnittanpassung braucht diese Größen auf den Mehrgrößenschnittmustern nicht, weil mit den Körpermaßen und den Wissen um Zugaben gearbeitet wird. Das Schnittmuster bzw. die ausgewählte Größe, bei der am wenigsten anzupassen ist, wird kontrolliert und dann genau dort, wo der Körper es braucht, wird Weite/Länge zugegeben oder weggenommen.
Viele Grüße
Meike