Herzlich willkommen zum dritten Teil meiner kleinen Serie an Blogbeiträgen zum Thema “Schnittanpassung lernen”. In den letzten Wochen habe ich parallel meinen Grundlagenkurs “Schnittanpassung leicht gemacht” überarbeitet und selbst, etwas Neues begonnen zu lernen. Nachdem ich schon wirklich lange damit geliebäugelt habe, Kraulschwimmen zu lernen, bin ich seit November in einem Kurs. Das heißt, ich erlebte parallel in den letzten Wochen die Rolle als diejenige, die als Lehrerin etwas vermitteln will und als Schülerin sich in ein völlig neues Terrain wagt. Dabei habe ich mich immer wieder daran erinnert wie es mir ging, als ich damit begann Kleidung für mich zu nähen und Schnittanpassung zu lernen. Das war spannend! Und darüber möchte ich dir in fünf aufeinanderfolgenden Blogbeiträgen in den nächsten Tagen erzählen.
- Teil 1: Weil ich es mir wert bin
- Teil 2: Die ersten Schritte
Öfters mal was Neues
Einen Monat vor meinem 50. Geburtstag kam ich auf die Idee, das Kraulschwimmen zu lernen – mit 50 wollte ich Kraulschwimmen können. Es ist irgendwie cool und selbst mein Kind kann es – wieso sollte ich es nicht lernen können. Auf die Idee dazu bin ich überhaupt erst gekommen, nachdem ich nach langem Suchen endlich einen passenden Bikini für mich gefunden und damit die Lust am Schwimmen wieder entdeckt hatte. (Darüber habe ich schon mal im Blog der BH-Lounge geschrieben). Mein Kind behauptete, dass das Kraulschwimmen ganz einfach wäre und zeigte mir, wie es geht. Ich versuchte es und der Bademeister machte sich lustig über mich. Nach ein paar Mal Üben verlor ich die Lust und vor allen Dingen das Zutrauen, dass es möglich wäre, dass ich ältere, dicke Frau in der Lage wäre, es zu lernen.
Vorher lieber nicht zu viel nachdenken
Doch der Wunsch Kraulschwimmen zu lernen, ließ mich nicht los. Als die 70 Jahre alte Maren Kroymann in einer Talkshow berichtete, dass sie auch erst spät Kraulen lernte, entschied mich dazu einen Kurs zu besuchen. Es dauerte Monate von der Kursbuchung bis zu meiner ersten Stunde, denn die Kurse sind in Hamburg immer schnell ausgebucht. In diesem Monaten wuchsen in mir Zweifeln: könnte ich das überhaupt lernen? War es nicht ein Wahnsinn, mich in einer Gruppe anzumelden? Was wäre, wenn dort nur Triathleten wären? Würde ich ausgelacht werden? Wäre es nicht ganz furchtbar schon in der ersten Stunde oder im Laufe des Kurses einsehen zu müssen, dass ich es niemals schaffen würde? Ich hatte echt Manschetten vor der ersten Stunde!
Angst vor der eigenen Courage
“Manschetten” ist noch klein und ein nahezu zärtliches Wort für die Hemmungen, die ich hatte. Obwohl mich in dem Kurs vermutlich niemand kennen würde, war mir doch klar, dass dieses Vorhaben so ziemlich der größte Schritt raus aus meiner Komfortzone war, den ich gehen könnte. Es fällt mir vergleichsweise leicht, ein neues Computerprogramm zu lernen. Alles, was mit dem Gehirn lösbar ist, ist mein Terrain. Aber dass ich ausgerechnet eine Herausforderung wählte, die mit meinem untrainierten Körper zu tun hatte, war schon ein starkes Stück. Während ich ursprünglich einfach etwas Cooles machen wollte, wurde mir, je näher der Starttermin des Kurses rückte, klar, wie schlecht meine Ausgangsbedingungen waren.
Auch wenn es nicht einfach ist: einfach trauen
Doch ich überwand meinen inneren Schweinehund und ging tapfer ins Schwimmbad. Der Lehrer heißt Joachim, sieht aus wie ein Guru und sagte mit sanfter Stimme zu unseren Bemühungen bei den ersten Übungen “Klasse”. Ich war mir nicht immer sicher, wie ernst er das meinte. Trotzdem hatte ich ein “Schwimmers-High” nach der ersten Unterrichtsstunde. Die Übungen waren so einfach, dass sogar ich dazu in der Lage war, sie umzusetzen. Plötzlich erschien das, was zunächst eine coole Idee und später eine schier unlösbare Herausforderung war, irgendwie doch machbar. Ich schwebte wie auf Wolken nach Hause und genoß in den nächsten Tagen stolz meinen Muskelkater.
Rückschläge und Frust sind ganz normal
Die Erfolgserlebnisse wurden in den nächsten Trainingsstunden weniger euphorisierend. Sehr schnell stellte sich heraus, wer in der Gruppe schnell Kraulen könnte und bei wem es etwas länger dauern würde. Als eine der Ältesten und als definitiv untrainierteste und dickste Frau, war ich stets das Schlußlicht. Es fiel mir nicht leicht, mich nicht zu vergleichen. Doch ich gab nicht auf, ich biss mich durch und ging Woche für Woche tapfer zum Kurs. Ich übte Atmen, Arme, Beine aber sobald ich mich auf Eines konzentrierte, kam ich aus dem Rythmus und soff bei einer halben Bahn mehr oder weniger ab.
Mit einem klaren “Warum” lernt es sich leichter
Eines Abends hatten wir einen Vertretungslehrer. Anderer Lehrer, andere Methode. Er stand vor uns, machte tänzerische Schwimmbewegungen und zeigte uns seine Art des Krausschwimmens. “Atmen könnt ihr”, sagte er und schwebte förmlich am Beckenrand entlang, “aber schwiiiiiiiiiiimen ist gleiiiiiiiiten!”. Ich schaute ihn gebannt an. Da war wieder mein “warum”. Es ging gar nicht darum, eine coole Technik zu lernen. Klar, Kraulen ist cool, aber warum ich mich aus meiner Komfortzone heraustraute und den Kurs buchte, warum ich die Zähne zusammenbiß und Woche für Woche den Kurs besuchte war etwas anderes. Wenn ich schwimme, dann fühle ich mich wie ein Pinguin. An Land sind diese Tiere ein wenig ungeschickt, aber sobald sie in ihrem Element sind, sind sie pfeilschnell und elegant. Vielleicht sehe ich schwimmend lange nicht so elegant aus, wie ein Pinguin, aber ich liebe es, durchs Wasser zu gleiten.
Feiere jeden Meilenstein
“Schwiiiiimen ist gleiiiiiten!” Ich hatte wieder eine Vision, ein “warum” ich die Mühe auf mich nahm. Mir ist klar, dass ich noch ganz am Anfang bin. Mittlerweile schaffe ich eine dreiviertel Bahn zu Kraulen, danach geht mir die Puste aus. Aber ich übe und freue mich an jedem Meter, den ich mache. Ich schaffe es noch nicht, zu gleiten, aber ich sehe mich im Traum elegant durchs Wasser kraulen. Etwas zu lernen, ist ein langer Weg. Es hilft nur üben, sich an den kleinen Meilensteinen zu erfreuen und die Vision nicht aus dem Auge zu verlieren. Was lähmt, sind Vergleiche und Überlegungen, was die anderen über die eigenen mühsamen Versuche denken könnten. Etwas Neues zu können, fällt uns nicht einfach so zu. Es dauert, so lange, wie es eben dauert. Ohne dranbleiben und ohne, einmal ins kalte Wasser zu springen, passiert nichts.
Es geht um mehr, als nur um eine Technik
“Schwiiiiimen ist gleiiiiiten!” ist mein Mantra für 2020; etwas weniger ackern und dafür mehr den Flow nutzen und das Tun zu genießen. Und diejenigen, die ich auf ihrem Weg begleite, die sich aufmachen, um Schnittanpassung zu lernen, werde ich mit mehr Verständnis begegnen und mich daran erinnern, wie schwer mir meine ersten Schritte fielen, in ein Schnittmuster reinzuschneiden und meinen Messungen und Annahmen zu vertrauen. Wieder etwas neues lernen zu wollen, mich aus meiner Komfortzone rauszuwagen und wieder einmal Schülerin zu sein, war sehr lehrreich für mich. “Schwiiiiimen ist gleiiiiiten!” machte mir klar, dass es mehr ist, also nur eine Technik zu vermitteln. Gut passende Kleidung ist eine Kraft, eine Möglichkeit, eine Stärke, ist das Ziel. Der Gedanke daran macht es viel leichter, durch das neue Element zu kraulen.
Hast du auch Lust, etwas Neues zu lernen? Wie wäre es mit Schnittanpassung? Jetzt ist der beste Zeitpunkt, denn gerade gibt es meinen überarbeiteten Onlinekurs “Schnittanpassung leicht gemacht”.
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